Flurina Müller gewinnt historische EM-Medaille

Die Agenda von Flurina Müller ist ziemlich gut gefüllt, in den Wintermonaten sowieso. Die 21-Jährige aus Einsiedeln betreibt Leistungssport, nimmt als Ski-Orientierungsläuferin auch an internationalen Events teil – und steckt an der PH Luzern mitten in der Ausbildung.

Aktuell absolviert sie in Sachseln ein fünfwöchiges Praktikum und betreut zusammen mit ihrer Kollegin Anja Küchler eine 1. Klasse. Aber in der ersten Februarwoche war sie nicht anwesend, weil sie eine sportliche Herausforderung bewältigen durfte: Sie war für die EM in Lettland selektioniert worden. Und sie ist überaus dankbar dafür, dass die Verantwortlichen der PH Luzern ihr die Chance ermöglichten, zu den Titelkämpfen zu reisen. «Ich sehe das überhaupt nicht als Selbstverständlichkeit an», sagt sie.

Umso schöner ist, dass sich der grosse Aufwand in Form von EM-Bronze bezahlt machte. Den Schweizer Frauen gelang mit dem Gewinn der ersten Staffel-Medaille auf Elite-Niveau eine historische Premiere. Lea Widmer übergab an dritter Stelle liegend an Flurina Müller. Diese startete mit 56 Sekunden Rückstand auf die Spitze und war ob der guten Ausgangslage «schon etwas nervös». Die angehende Lehrerin nahm darum bewusst etwas Tempo raus, überzeugte jedoch mit einem sauberen Lauf, so dass Eliane Deininger den 3. Platz gut verteidigen konnte. 

Ski-OL mag zu den Nischensportarten gehören, ja, aber das beeinträchtigt die Leidenschaft von Flurina Müller in keiner Weise. Sie absolviert gegenwärtig ihre zweite Saison bei der Elite und bewegt sich in einer anderen, grösseren Welt als zuvor bei den Juniorinnen. Aber sie hält unbeirrt an ihrem Ziel fest, einmal in den Kreis der Allerbesten vorzustossen.

Zu diesem Zirkel gehört zum Beispiel Daisy Kudre Schnyder; die 29-jährige Athletin aus Estland hat schon mehrere WM-Titel geholt. Mit Kudre verbindet Müller einiges: Sie ist ihr Vorbild – und seit neuestem auch ihre persönliche Trainerin. Kudre Schnyer ist mit dem Schweizer Kadertrainer Gion Schnyder verheiratet, schreibt nun Trainingspläne für die PH-Studentin und versorgt sie auch regelmässig mit Ratschlägen. 

Flurina Müller wünscht sich durch die Spitzenläuferin einen nächsten Schub. Am Ehrgeiz wird es gewiss nicht mangeln: «Es ist in jedem Rennen so: Wenn ich unterwegs bin, strebe ich das Maximum an. Auch wenn mir bewusst ist, dass es sich um hochkarätige Konkurrenz handelt.»

Sie hoffte, dass sie bis zu ihren Wettkämpfen in Lettland eine Verletzung gänzlich auskuriert haben würde, die sie sich Anfang Jahr an einem Wettkampf zuzog. Bei einer Abfahrt stürzte sie und erlitt eine Blessur am linken Daumen. Ausserdem machte ihr eine Erkältung zu schaffen, die sie über eine längere Zeit daran hinderte, ihr Leistungspotenzial wunschgemäss abzurufen. Aber Flurina Müller würde deswegen niemals hadern oder gar resignieren. Das bewies sie auch Mitte Januar, als sie im Val Müstair an den Schweizer Meisterschaften über die Langdistanz die Bronzemedaille eroberte.

Nach Lettland führt die Reise für das Schweizer Team nach Norwegen an den Weltcup. Mit einer Ausnahme: Flurina Müller fliegt zurück in die Schweiz. Sie will nicht eine weitere Woche ihres Praktikums in Sachseln verpassen. «Die Ausbildung hat für mich einen hohen Stellenwert», betont sie, «das Praktikum ist ein wichtiger Teil davon und eine Herausforderung.»

Sie schafft es bislang gut, das Studium mit dem Sport zu kombinieren. An der PH Luzern hat sie die Hälfte der Ausbildung hinter sich, und was danach sein wird, nach dem Abschluss 2024, lässt sie derzeit offen. Sie kann sich vorstellen, den Aufwand für das Ski Orienteering noch einmal zu erhöhen, um ihr Leistungsvermögen zu steigern und Grenzen zu verschieben. Als nächsten Schritt in ihrer Karriere plant sie zunächst einmal ihre Premiere im Weltcup, die wohl im kommenden Jahr stattfinden wird.