19. Mai 2021

«Histotainment» ist und bleibt das Zauberwort

Mitte Mai 2021 wurde die erste Etappe des Projekts «When We disappear» abgeschlossen. Die Gebert Rüf Stiftung, die das erste Kapitel des Games mitfinanzierte, und die PH Luzern sind mit dem Erreichten sehr zufrieden. Das Videogame führt(e) Geschichtsvermittlung in Schule und Öffentlichkeit ins digitale Zeitalter. Das verdeutlicht ein informativer Impact-Clip und einige beeindruckende Zahlen.

Mit dem Videogame «When We Disappear», welches die Fluchtgeschichte eines Mädchens durch Europa während des Zweiten Weltkrieges erzählt, wird historische Bildung auf innovative Weise angeboten, und so können Jugendliche dort abgeholt werden, wo sie sich in ihrer Freizeit oft aufhalten: in ihrem Medium, in ihrem «Game-Universe». Dies erhöhe, erklärt Peter Gautschi, der Leiter des Instituts für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen (IGE) an der PH Luzern, die Motivation für den Umgang mit Vergangenheit und die Neugier auf Geschichte.

Darum hat er sich mit Anne Schillig, Hans Utz und anderen über drei Jahre sehr stark engagiert in der Entwicklung des Videogames und dazu gehörigen Unterrichtsmaterialien für die Anwendung in Schulen. Mit Erfolg, denn Schulerprobungen ab September 2020 belegen eindrücklich, dass «When We Disappear» die Geschichtsvermittlung in Schule und Öffentlichkeit in das digitale Zeitalter überführt (siehe auch Schlussabschnitt).

«Der digitale Wandel hat zunehmend Einfluss auf den Umgang mit Geschichte und Erinnerung», sagt Anne Schillig, Historikerin am IGE der PH Luzern, und erläutert: «Nicht nur können vergangene Sachverhalte neu und lebendig dargestellt werden; auch ermöglicht die Digitalisierung, dass Menschen mit Vergangenem interagieren und auf diese Weise einen virtuellen Erfahrungsraum erleben können.»

Das ist eine Erklärung für den grossen Erfolg von Videogames mit historischen Themen. Allerdings diente Geschichte bisher in vielen Videospielen oft bloss als attraktiver Unterhaltungsrahmen. «When We Disappear» hat diese Sparte in neue Sphären geführt, auch dank dem sensiblen Engagement der Zürcher Produzentin Inlusio Interactive. Deren Haltung kommt im Impact-Clip sehr gut zum Ausdruck. Zu sehen und hören sind ebenfalls Protagonisten der PH Luzern sowie Bilder von Schulklassen, die quasi in «When We Disappear» auf ihren Tablets in Schulzimmern verschwunden sind.

Eine weitere Erklärung für den Erfolg von «When We Disappear» nicht nur in der Schweiz, sondern in weiten Teilen von Europa, sind Zahlen, die aufzeigen, welch grosse Bedeutung Videogames für die Vermittlung haben können:

  • Weltweit gamen rund 2.5 Mrd. Menschen.
  • Für Videogames werden jährlich 82 Mrd. Euro umgesetzt, weit mehr als für Film oder Musik.
  • Der durchschnittliche Spielkonsum bei 12-Jährigen beträgt 103 Minuten pro Tag.
  • Das Durchschnittsalter der Gamenden liegt bei 37,5 Jahren.

Belegen lässt sich der Erfolg von «When We Disappear» auch mit dem grossen Medieninteresse sowie mit der Auswertung von Fragebögen im Zusammenhang mit den erwähnten Schulerprobungen:

  • Neun von 10 Schülerinnen und Schülern schätzen das Videogame als gleichzeitig interessant, unterhaltsam sowie verständlich ein – und empfehlen es weiter.
  • Eine grosse Mehrheit stuft das Game als lehrreich sowie Empathie anregend ein – und empfiehlt es auch deswegen weiter.
  • Rund 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler geben an, dass sie zum Nachdenken über die historischen Begebenheiten angeregt wurden – und mehr Interesse für die Hintergründe von aktuellen Fluchtgeschichten entwickeln.
  • Lob von Schülerinnen und Schülern gibt es auch für das Design und den Sound des Videogames – und sie regen dessen Ausbau an, mit noch mehr Entscheidungssituationen als im Prototyp des Games.

Was nichts Anderes heisst als: Es ist zu hoffen, dass das Videogame weiterentwickelt werden kann. Oder wie es im Branchenjargon heisst: «To be continued»…


Kontakt

Projektmitarbeiter IGW
Peter Gautschi
Prof. Dr. phil.
peter.gautschi@phlu.ch
Portrait
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