17. Mai 2023

«Nun unterrichte ich auch gern Kafka»

Die ehemalige SEK-II-Studierende Nadja Sigrist hat ihr Zweifachstudium Geschichte-Deutsch an der PH Luzern im Jahr 2021 abgeschlossen. Seit August 2021 unterrichtet sie BM2-Lernenden Deutsch an der Abteilung Berufsmaturität am BWZ Obwalden. Im Interview blickt Nadja Sigrist zurück auf ihre Studienzeit an der PH und erzählt über ihren Einstieg als SEK-II-Lehrperson mit einem hohen Pensum.  

Nadja Sigrist, wenn du zurück an deine Studienzeit an der PH Luzern denkst, welche drei Stichworte fallen dir ein?

Gute Bekanntschaften, die ich gemacht habe, dann die kleine Klassengrössen, die ich sehr genossen habe und das über den Fächer-Tellerrand schauen, da wir verschiedene Themen angesprochen haben, denen ich während meinem Fachstudium nicht begegnet bin.

Welche Kompetenzen, die du besonders während der Studienzeit an der PH Luzern vertiefen konntest, brauchst du heute im Alltag besonders?

Etwas, das ich erst während des Studiums an der PH gelernt habe, ist die Kompetenz, Leistungen zu bewerten. Hierzu ist Transparenz ein wichtigstes Stichwort. Ohne das Studium an der PH wäre mir die Wichtigkeit der Transparenz und wie man ein Feedback gibt, nicht bewusst gewesen. Ich merkte auch später, wie wichtig das mir selbst ist. Das Vermitteln einer transparenten Rückmeldung wurde an der PH stark gewichtet, das hat auch mich als Studierende geprägt. 

Welche Herausforderungen siehst du für Lehrpersonen auf der SEK-II-Stufe in den nächsten 5 bis 10 Jahren?

Die künstliche Intelligenz zeigt sich für den Deutschunterricht als Herausforderung. Im Unterricht gibt es verschiedene Aufgaben, die sie als Hausarbeit lösen und im Anschluss bewertet werden. Ein Beispiel ist eine Rede zu einem spezifischen Thema zu schreiben. In den letzten Monaten zeigte sich, dass Lernende für die Aufgabenlösung die künstliche Intelligenz nutzten. Aus meiner Sicht gehen durch diese Tools im Umgang mit der Sprache viel verloren. Auch werden die Texte unpersönlich. Dies führt dazu, dass wir uns erneut überlegen müssen, was und wie wir bewerten im Unterricht. Wo legen wir den Schwerpunkt? 

Du arbeitest derzeit als Deutschlehrerin am BWZ Obwalden und unterrichtest an der Abteilung Berufsmaturität BM2-Lernende. Wie sieht dein Werdegang bis zu dieser Stelle seit deiner Ausbildung aus?

Ich habe durchgehend seit dem Kindergarten eine Schule besucht (lacht). Im Anschluss an das Langzeitgymnasium habe ich an der Universität Bern mein Studium in Geschichte und Germanistik begonnen. Direkt nach meinem Masterabschluss schrieb ich mich an der PH Luzern für das Lehrdiplomstudium SEK II ein. Im Wahlpflichtbereich absolviere ich noch Berufspädagogik, um das zusätzliche Lehrdiplom für den Unterricht an der Abteilung Berufsmaturität an einer Berufsfachschule zu erlangen. Im letzten Semester hatte ich Zeit für Praktika und wusste, dass ich gleich im Anschluss eine Anstellung als Lehrperson haben möchte. Mein Hauptfach ist Geschichte, doch während der Bewerbungsphase gab es keine offenen Stellen für Geschichte. Daher bewarb ich mich auch für mein Zweitfach Deutsch. Für meine ersten Bewerbungen erhielt ich direkt eine Absage mit der Begründung, dass Deutsch nicht mein Hauptfach war. Das BWZ hingegen lud mich für ein Vorstellungsgespräch und später zu einer Probelektion ein. Ich war sehr nervös, ich musste eine Lektion zum Thema Franz Kafka unterrichten. Dieses Thema lag mir überhaupt nicht. Ich überzeugte in der Lektion, erhielt die Stelle als Deutschlehrerin mit 17 Lektionen. Seither unterrichte ich auch gerne Franz Kafka (lacht). Da die Schule vorher gute Erfahrungen mit jungen Lehrpersonen hatte, war die Schulleitung offen für eine junge, unerfahrene Lehrperson wie mich. Und ab dem nächsten Schuljahr gibt es in meiner Anstellung eine kleine Änderung. Ich darf um eine Deutschklasse reduzieren, um drei Lektionen Geschichte und Politik zu unterrichten. Darauf freue ich mich sehr.

Nadja Sigrist, wenn du zurück an deine Studienzeit an der PH Luzern denkst, welche drei Stichworte fallen dir ein?

Gute Bekanntschaften, die ich gemacht habe, dann die kleine Klassengrössen, die ich sehr genossen habe und das über den Fächer-Tellerrand schauen, da wir verschiedene Themen angesprochen haben, denen ich während meinem Fachstudium nicht begegnet bin.

Was hat dich motiviert, Lehrperson auf der SEK-II-Stufe zu werden?

Die Idee, dass ich Lehrerin werden könnte, hatte ich bereits in der Primarschule. Während meiner Zeit am Langzeitgymnasium war für mich klar, dass ich Geschichte studieren möchte. Das Ziel, Lehrperson zu werden, hatte sich während meinem Fachstudium noch verstärkt. Ich wollte aber zuerst das Masterstudium abschliessen und im Anschluss das Lehrdiplomstudium absolvieren. Meine Motivation für den Lehrpersonenberuf kommt sicherlich daher, dass ich immer gerne in die Schule ging und ich eine Leidenschaft für meine Studienfächer habe. Diese zu vermitteln und meine Faszination zu teilen, finde ich eine spannende Tätigkeit.

Haben sich deine Vorstellungen oder Erwartungen erfüllt?

Ich hatte keine klaren Erwartungen, eher Vorstellungen, wie der Berufsalltag sein könnte. Seither kamen aber noch viele Aufgaben und Tätigkeiten dazu. Ich wusste, der Start streng sein wird. Die Praktika während des Studiums zeigten mir dies schon auf. Während meines ersten Schuljahrs als Lehrperson habe ich viel mehr gelernt, als während meinen zwei Jahren an der PH. Ich wurde mit viel mehr konfrontiert und die Intensivität war ganz anders. Alles war neu, nur schon einen Aufsatz zu korrigieren, hat mich stark gefordert und war sehr zeitintensiv. Alles braucht mehr Zeit. Mein zweites Unterrichtsjahr geniesse ich nun viel mehr als mein erstes Jahr. Die positiven Vorstellungen, die ich vor meiner Anstellung hatte, haben sich alle erfüllt – der Austausch im Team, die Vermittlung des Fachs und die Methoden- und teilweise auch Themenfreiheiten. Mir gefällt meine Tätigkeit als Lehrperson und die Arbeit erfüllt mich sehr.

Welche Kompetenzen, die du besonders während der Studienzeit an der PH Luzern vertiefen konntest, brauchst du heute im Alltag besonders?

Etwas, das ich erst während des Studiums an der PH gelernt habe, ist die Kompetenz, Leistungen zu bewerten. Hierzu ist Transparenz ein wichtigstes Stichwort. Ohne das Studium an der PH wäre mir die Wichtigkeit der Transparenz und wie man ein Feedback gibt, nicht bewusst gewesen. Ich merkte auch später, wie wichtig das mir selbst ist. Das Vermitteln einer transparenten Rückmeldung wurde an der PH stark gewichtet, das hat auch mich als Studierende geprägt. 

Gab es noch weitere Punkte?

Auch die Methodenvielfalt. Ich schaue immer wieder mal die Unterlagen zum Beispiel aus der Fachdidaktik Deutsch an. Wie kann man ein Thema beginnen? Welche Themen kann man vermitteln? Wie gestalte ich den Unterricht methodisch vielfältig? Wie bringe ich meine Lernenden dazu, kritisch zu denken? Da hole ich mir gerne Inspirationen.

Was zeichnet deiner Meinung nach eine gute Lehrperson aus?

An einem Aspekt kann ich es festmachen. Ich denke, die Freude am Fach wie auch dessen Vermittlung sind beides wichtige Punkte. Nur eines davon reicht nicht aus. Ich merkte auch selbst, dass gewisse Situationen mit einer gewissen Entspanntheit einfacher zu bewältigen sind. Eine Lehrperson sollte auch die Nähe zum Leben nicht vergessen. Die Vermittlung des Fachs ist wichtig, aber nicht alles. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Herangehensweisen, den Unterricht spannend und lehrreich zu gestalten. Das ist eher personenabhängig. Es sollte authentisch der Lehrperson und deren Persönlichkeit entsprechen. Ein Beispiel hierzu: Ich war nie gut in Chemie in der Schule. Aber ich besuchte den Unterricht gerne, weil die Lehrperson das Fach spannend vermittelte. Die Lehrperson war sehr streng, aber menschlich vermittelte sie den Stoff aus meiner Sicht sehr gut.

Welche Herausforderungen siehst du für Lehrpersonen auf der SEK-II-Stufe in den nächsten 5 bis 10 Jahren?

Die künstliche Intelligenz zeigt sich für den Deutschunterricht als Herausforderung. Im Unterricht gibt es verschiedene Aufgaben, die sie als Hausarbeit lösen und im Anschluss bewertet werden. Ein Beispiel ist eine Rede zu einem spezifischen Thema zu schreiben. In den letzten Monaten zeigte sich, dass Lernende für die Aufgabenlösung die künstliche Intelligenz nutzten. Aus meiner Sicht gehen durch diese Tools im Umgang mit der Sprache viel verloren. Auch werden die Texte unpersönlich. Dies führt dazu, dass wir uns erneut überlegen müssen, was und wie wir bewerten im Unterricht. Wo legen wir den Schwerpunkt? 

Du arbeitest derzeit als Deutschlehrerin am BWZ Obwalden und unterrichtest an der Abteilung Berufsmaturität BM2-Lernende. Wie sieht dein Werdegang bis zu dieser Stelle seit deiner Ausbildung aus?

Ich habe durchgehend seit dem Kindergarten eine Schule besucht (lacht). Im Anschluss an das Langzeitgymnasium habe ich an der Universität Bern mein Studium in Geschichte und Germanistik begonnen. Direkt nach meinem Masterabschluss schrieb ich mich an der PH Luzern für das Lehrdiplomstudium SEK II ein. Im Wahlpflichtbereich absolviere ich noch Berufspädagogik, um das zusätzliche Lehrdiplom für den Unterricht an der Abteilung Berufsmaturität an einer Berufsfachschule zu erlangen. Im letzten Semester hatte ich Zeit für Praktika und wusste, dass ich gleich im Anschluss eine Anstellung als Lehrperson haben möchte. Mein Hauptfach ist Geschichte, doch während der Bewerbungsphase gab es keine offenen Stellen für Geschichte. Daher bewarb ich mich auch für mein Zweitfach Deutsch. Für meine ersten Bewerbungen erhielt ich direkt eine Absage mit der Begründung, dass Deutsch nicht mein Hauptfach war. Das BWZ hingegen lud mich für ein Vorstellungsgespräch und später zu einer Probelektion ein. Ich war sehr nervös, ich musste eine Lektion zum Thema Franz Kafka unterrichten. Dieses Thema lag mir überhaupt nicht. Ich überzeugte in der Lektion, erhielt die Stelle als Deutschlehrerin mit 17 Lektionen. Seither unterrichte ich auch gerne Franz Kafka (lacht). Da die Schule vorher gute Erfahrungen mit jungen Lehrpersonen hatte, war die Schulleitung offen für eine junge, unerfahrene Lehrperson wie mich. Und ab dem nächsten Schuljahr gibt es in meiner Anstellung eine kleine Änderung. Ich darf um eine Deutschklasse reduzieren, um drei Lektionen Geschichte und Politik zu unterrichten. Darauf freue ich mich sehr.

Wie hast du die ersten Unterrichtsjahre nach deiner Ausbildung erlebt?

Es wird immer wieder gesagt, man soll nicht mit einem zu hohen Pensum beginnen. Mit den 17 Lektionen, die ich im ersten Schuljahr unterrichten durfte, war mir daher sehr bewusst, dass ein strenges Jahr vor mir stand. Da ich aber nur BM2-Klassen unterrichte, habe ich Parallelklassen und mein Vorbereitungsaufwand ist daher etwas geringer. Ich denke nur so war es möglich, direkt ein so hohes Pensum meistern zu können. Die Erfahrung zeigte auch, dass es bei Parallelklassen wichtig ist, zu notieren, was mit welcher Klasse besprochen wurde. Je mehr Erfahrung man hat, desto leichter ist es, ein hohes Pensum bewältigen zu können. Schön ist, dass man die Lernenden mit 5 Lektionen pro Woche häufig sieht und die Zusammenarbeit intensiv ist. Im Fach Geschichte an einem Gymnasium sieht man die Schülerinnen und Schüler mit zwei Lektionen weniger, was ich schade finde.

Bist du mit deiner aktuellen Anstellung am einer Abteilung Berufsmaturität zufrieden?

Ich kann nur mit meinen Praktika an Gymnasien vergleichen. Ich empfinde meine Klassen als sehr ruhig und angenehm in der Zusammenarbeit. Da sie schon etwas älter sind und schon eine Lehre absolviert haben, stehen sie an einem anderen Punkt im Leben als Schülerinnen und Schüler zu Beginn eines Gymnasiums. Sie sind erwachsen und daher habe ich disziplinarisch nicht einzugreifen. Ich will es aber nicht ausschliessen, dass ich auch einmal an einem Gymnasium arbeiten möchte. Auch hier gibt es gewisse Punkte, die mich reizen. Es wäre sicher schön, eine Klasse über eine längere Zeit zu begleiten.

Welchen Rat kannst du dem Studiengang SEK II an der PH Luzern mitgeben?

Manchmal empfand ich das Studium als schulalltagsfern. Man versuchte, Verschiedenes anzusprechen und zu diskutieren, jedoch beschränkten sich diese auf Muster und Modelle, die eher den Idealfall abbildeten. Im Berufsalltag sieht die Realität dann häufig anders aus. Es ist aus meiner Sicht gut, haben wir die Modelle angeschaut und dass wir diese kennen, doch muss einem auch bewusst sein, dass diese im Alltag nicht immer umgesetzt werden können. Gerade der Zeitdruck ist nicht zu unterschätzen. Ich habe viele Ideen und Vorstellungen, was ich im Unterricht ausprobieren möchte. Doch braucht es häufig Mut zur Lücke und die Ökonomie entscheidet dann dagegen. Erst gegen Ende des Studiums und jetzt als Lehrperson merke ich, dass man Abstriche machen muss und nicht jedes Planungsdossier perfekt aussehen kann wie an einer Prüfungslektion. Ich finde es wichtig, dass dies während des Studiums vermehrt thematisiert wird, auch zum Schutz der Lehrpersonen. Dieser Warnhinweis kam sozusagen eher im Kleingedruckten. Als Lehrperson kann man immer noch mehr machen. Und ich musste in meinen ersten Jahren als Lehrperson lernen, dass man auch mal fertig ist, auch wenn noch mehr zu machen wäre. Toll ist, dass ich mit ehemaligen Mitstudierenden Kontakt habe und wir uns gegenseitig auch Materialien zur Verfügung stellen. Dieser Austausch ist sehr wertvoll und sehe ich als Entlastung.


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