3. Juli 2023

Schutz gegen Rassismus als Menschenrecht

An der Fachtagung der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) diskutierten am 26. Juni 2023 über 270 Menschen über das Thema «Rassismus und Jugend». Bundespräsident Alain Berset unterstrich in seiner Eröffnungsrede die Wichtigkeit von Thema sowie Anlass. Als Referentin an der Tagung dabei war auch Elke-Nicole Kappus von der PH Luzern. Sie sprach zum Thema «Rassismus in Schule und Ausbildung».

In seiner Eröffnungsrede betonte Bundespräsident Alain Berset, dass sich die Institutionen und Organisationen, die sich alltäglich mit Kindern oder Jugendlichen beschäftigen, kritisch mit ihren Strukturen auseinandersetzen müssen. Denn Kinder und Jugendliche hätten ein Recht darauf, sich in einem diskriminierungsfreien Umfeld zu entwickeln.

Elke-Nicole Kappus: «Noch einiges zu tun, vieles in Bewegung»

Elke-Nicole Kappus, Sie folgten im Tagungsablauf Bundespräsident Alain Berset. Folgten Sie ihm auch thematisch?

Kappus: Die Hauptmessage von Bundespräsident Berset war: Nichtdiskriminierung ist Menschenrecht, und darum müssen Institutionen der Ausbildung befähigt sein oder werden, gegen Diskriminierung vorzugehen. Diese Aussage ist eine wichtige Botschaft an die Bildungsinstitutionen. Mein Hauptanliegen liess sich gut damit verbinden. Herr Berset war allerdings schon gegangen, als ich mit meinem Beitrag begann…

Wie beurteilen und bilanzieren Sie die Tagung von Ende Juni in Bern?

Kappus: Die Fachtagung war ein echter Erfolg. Sie war mit über 270 Teilnehmenden gut besucht, die Beiträge wurden engagiert diskutiert und auch in den Pausen bot die Tagung ein gutes Forum zum Austausch und zum Vernetzen. Am Nachmittag wurden eine Publikation zu «Rassismus und Repräsentation von Diversität in Lehrmitteln», ein neues Lehrmittel zu «Jenische – Sinti – Roma» und weitere Praxisprojekte präsentiert. Es war ein wichtiger Anlass, der daran erinnert, dass es noch einiges zu tun gibt im Bereich Schule und Rassismus, aber auch, dass vieles in Bewegung ist.

Wie würden Sie Ihre Ausführungen zusammenfassen?

Kappus: Erstens: Wir müssen eine Literacy im Umgang mit Rassismus entwickeln, damit alle verstehen, was mit Rassismusprävention und -bekämpfung gemeint ist. Häufig wird Bildung an sich schon als ein Mittel gegen Rassismus angesehen; das ist, wie auch die Studie zu den Lehrmitteln zeigt, nicht so. Zweitens: Das Wissen über und das Verständnis von rassistischer Diskriminierung hat sich in den letzten Jahren stark verändert – weg vom Rassismus als Haltung Einzelner hin zu der Anerkennung, dass es strukturellen Rassismus gibt, der in Institutionen, Traditionen und Strukturen unserer Gesellschaft zu finden ist. Dieser Wandel erfordert eine andere Praxis im Umgang mit Rassismus.

Darf man behaupten, dass dieser Wandel, der in den Sozial-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften schon seit Ende des 20. Jahrhunderts zu verzeichnen ist, mit der «black life matters»-Bewegung auch in der Schweiz manifestiert wurde?

Kappus: Absolut. Und man darf ergänzen, dass er zu einer diskriminierungskritischen Diskussion um Rassismus führt, die auch in den Schulen aufgegriffen werden sollte. Es wäre wichtig, dass der Auftrag der Politik an die Bildungsinstitutionen, gegen Rassismus vorzugehen, unter Berücksichtigung des veränderten Rassismusverständnis’ erneuert wird. Die EDK-Erklärung zu Rassismus und Schule stammt aus dem Jahr 1991. Eine Aktualisierung wäre für eine effektive und effiziente Umsetzung hilfreich…

…und würde Rassismusprävention und -bekämpfung vor dem Ideologievorwurf bewahren.

Kappus: Genau. Rassismusprävention muss als Teil des Berufs- und Verfassungsauftrags verstanden werden – und Lehrpersonen müssen sicher sein, dass sie eine rassismuskritische Haltung und Praxis nicht rechtfertigen oder gar verteidigen müssen. Bildungsinstitutionen sind gut geeignet für eine sachliche und effektive Haltung und Praxis im Umgang mit Rassismus aufzubauen. Aber: Es bräuchte ein Curriculum, um entsprechende Kompetenzen im Rahmen des lebenslangen Lernens aufzubauen und ständig zu aktualisieren.

Womit wir wieder beim zu aktualisierenden Mandat oder Auftrag der Bildungsinstitutionen wären.

Kappus: Was ganz im Sinne von Bundespräsident Berset ist, der ja deutlich gemacht hat, dass Nichtdiskriminierung ein Menschenrecht ist und dass sich die Institutionen gegen Diskriminierung einsetzen müssen.

Welche Rolle kann dabei die PH Luzern übernehmen?

Kappus: Die Pädagogischen Hochschulen sind generell wichtige Akteurinnen im Aufbau von Kompetenzen im Vorgehen gegen institutionellen und strukturellen Rassismus in Bildung und Ausbildung. Es freut mich, dass die PH Luzern bei dieser Thematik aktiv und vorne mit dabei ist. Es war mir eine Ehre, an der EKR-Tagung zum Bereich «Bildung und Ausbildung» zu sprechen. Rassismusprävention und -bekämpfung werden in verschiedenen Angeboten der Aus- und Weiterbildung aufgegriffen; neu bietet die PH Luzern den CAS Menschenrechte an. Für das kommende Jahr ist eine rassismuskritische Lernwerkstatt geplant, weitere Projekte sind etwa am Institut für Schule und Heterogenität in der Pipeline. Dozierende der PH sind national und international gut vernetzt und in verschiedenen Gremien im Bereich der Rassismusprävention tätig. Wichtig sind diesbezüglich zum Beispiel auch die national und international renommierten Arbeiten von Peter Gautschi und dem Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen. Wichtig ist, dass wir die Kompetenzen gut vernetzen und am Thema dranbleiben…


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