26. Dezember 2021

Selina Haas: Auf den Spuren des Grossonkels

Die 19-jährige Marbacherin ist mit Leidenschaft PH-Studentin - und Langläuferin. Das sportliche Talent liegt in der Familie: Sepp Haas gewann 1968 Olympiabronze in Grenoble über 50 km.

In den vergangenen Tagen schossen ihr gelegentlich Gedanken durch den Kopf, wie das wohl gewesen wäre an dieser Grossveranstaltung. Aber die Winteruniversiade musste Ende November abgesagt werden, was bei Selina Haas eine ähnliche Reaktion auslöste wie bei Flurina Müller, der zweiten designierten Teilnehmerin der PH Luzern: «Mich hat das traurig gemacht», sagt sie, «ich hatte mich wahnsinnig gefreut. Als Luzernerin wäre es mir eine besondere Ehre gewesen, an diesem Event teilzunehmen. Aber mir tut es auch leid für die Veranstalter.»

Die 19-Jährige aus Marbach gehört national zu den aufstrebenden Langläuferinnen. Dieser Sport ist seit ihrer Kindheit schon ihre grosse Leidenschaft, was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass ihre Eltern gerne auf den schmalen Ski stehen. Und inspirierend dürfte auch ihr Grossonkel gewesen sein: Sepp Haas gewann 1968 an den Olympischen Spielen Bronze über 50 Kilometer und sorgte damit für den ersten Schweizer Langlauf-Medaillengewinn in der Geschichte der Winterspiele.

Bis zu 20 Trainingsstunden pro Woche 

Selina Haas wächst im Entlebuch auf einem Bauernhof auf, wo sie immer noch lebt. Sie besucht in Schüpfheim das Gymnasium und merkt, dass ihr der Sport nebenbei nicht nur Freude macht, sondern dass sie darin richtig gut werden könnte. Sie erhöht den Trainingsaufwand kontinuierlich, fährt im Sommer auf Rollski durch die Gegend, stemmt im Kraftraum der Kanti Schüpfheim Gewichte, in einer intensiven Woche bis zu 20 Stunden.

«Ich bin ein Bewegungsmensch», sagt Haas. Und was sie auch ist: ungemein ehrgeizig. «Wenn meine Leistungen nicht ausfallen, wie ich mir das vorstelle, ärgert mich das. Mein Anspruch ist es, stets an die Grenzen zu gehen – und nach Möglichkeit auch Grenzen zu verschieben.» Präferenzen hat sie eigentlich keine, was die Lauf-Distanzen in ihrer Sportart angeht, aber es zeigt sich, dass ihr die Sprintstrecken besonders liegen. Sie mag es, sich mit Konkurrentinnen zu messen, aber sie schätzt am Langlauf auch die Staffelbewerbe: «Es ist cool, mit dem Team zu laufen und sich gegenseitig zu pushen.»

Die Vorbilder: Cologna und Fähndrich 

An regionalen Wettbewerben sicherte sie sich als Juniorin verschiedene Siege. Ihren bislang grössten Erfolg feierte sie im Februar dieses Jahres, als sie in Le Brassus VD erstmals ein nationales U-20-Rennen für sich entschied. Ihr nächstes Ziel: In ihrer letzten Saison als Juniorin möchte sie mit entsprechenden Resultaten den Sprung ins U-23-Kader von Swiss-Ski schaffen. Und sie träumt von ganz Grossem. Haas setzt alles daran, um eines Tages die Schweiz an Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen zu vertreten. 

Vorbilder hat sie selbstredend auch: Dario Cologna ist eines, der 35-jährige Bündner hat in seiner Karriere viermal olympisches Gold gewonnen; Nadine Fähndrich ist ein anderes, die 26-jährige Luzernerin vom SC Horw ist längst im Weltcup unterwegs. Ihr begegnet Haas immer wieder, sei es im Training oder im Wettkampf.

Sie hätte natürlich nichts dagegen, wenn es in hohem Tempo vorangehen würde, weiss aber selber: Sie benötigt Geduld. Und sie muss weiterhin bereit sein, viel Zeit zu investieren. Wobei sie sich bewusst ist, wie wichtig vor allem die Gesundheit ist. Im Herbst 2018 ereignete sich in Escholzmatt ein schwerer Postautounfall, bei dem sie sich einen offenen Oberarmbruch zuzog und danach ihre erste Saison als U-18-Juniorin ganz verpasste.

Das besondere Grundjahr an der PH Luzern 

So hoch der Stellenwert der Sport für sie auch sein mochte, so unbestritten war auch, dass sie gleich nach Abschluss der Kantonsschule sofort ein Studium aufnehmen würde. «Dieses Standbein ist von grösster Bedeutung», sagt sie, «und schon als Schülerin hatte ich mich darauf festgelegt, Lehrerin zu werden. Nun bin ich daran, mir diesen Wunsch zu erfüllen.»

Von Vorteil ist es, dass sie das Grundjahr des PH-Studiums auf zwei Jahre ausdehnen kann, um dadurch auch dem Sport genügend Zeit widmen zu können. Haas hat einen angepassten Stundenplan, der mit der Studiengangleitung abgesprochen ist. «Diese Möglichkeit ist für mich Gold wert», sagt sie und fügt an: «Das Studium macht bislang ungemein Spass.»

Unterstützt wird Haas stets von ihren Eltern, auch finanziell, weil sie noch keine anderen Sponsorengelder erhält. Dafür versucht sie, auf dem heimischen Bauernhof bei allerlei Arbeiten anzupacken. Gerade im Sommer ist sie eine willkommene Unterstützung beim Heuen. Die körperliche Anstrengung sieht sie als «zusätzliche Trainingseinheit». Und manchmal kocht sie auch für die ganze Familie, zu der auch zwei jüngere Brüder gehören: Elias, ein ebenfalls ein begabter Langläufer, und Julian, der eine Lehre als Zimmermann absolviert.

Marbach ist Lebensmittelpunkt von Haas und der Ort, an dem sie abschalten und auftanken kann. Für Aufgaben wie zum Beispiel jene, die zum Abschluss des Jahres auf sie wartet. Am 27. Dezember fuhr sie ins Tessin, um in Campra am Swiss-Cup zu starten. Danach ging und geht es Schlag auf Schlag weiter, die Wochenenden sind praktisch alle mit Rennen verplant. Selina Haas stört das nicht, im Gegenteil. Von Langlauf kann sie nicht genug bekommen.

Ausserdem kommt ihr entgegen, dass sie an der PH Luzern gerade Semesterferien hat und es mit dem Studium erst im März weitergeht. «Es geht derzeit alles sehr gut auf», sagt Selina Haas mit einem Schmunzeln, «so darf es weitergehen.»


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