27. Januar 2025

Vernissage zur Lancierung der Lern-App «Fürsorge und Zwang»

Am Donnerstag, 23. Januar 2025, fand in Zürich die Vernissage der dreisprachigen Lern-App «Fürsorge und Zwang» statt. Das neue Bildungsmedium zur Geschichte der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen, das unter Leitung der PH Luzern entwickelt wurde, stiess auf grosses Interesse.

 

Gleich zu Beginn der Vernissage im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich fesselte der Trailer für die neue Lern-App das zahlreich erschienene Publikum, unter ihnen viele von den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen Betroffene. Damit war das Thema mit den Stichworten «eingesperrt - ausgebeutet – schutzlos» packend und berührend lanciert. 

Susanne Kuster, stellvertretende Direktorin des Bundesamts für Justiz,  erinnerte in ihrer unmittelbar nach dem Trailer folgenden Ansprache an die Geschichte der Aufarbeitung in der Schweiz. Sie betonte die Wichtigkeit, dass die Menschen, denen Unrecht geschah, ihre Geschichten erzählen können – und dass wir ihnen zuhören. Denise Tonella, die Direktorin des Schweizerischen Nationalmuseums, zeigte auf, wieso diese schwierige Sozialgeschichte ein anerkannter und bekannter Teil der Schweizer Erinnerungskultur werden muss.

Lern-App in Berner Klasse erfolgreich eingesetzt

Daran knüpfte Peter Gautschi, langjähriger Leiter des Instituts für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen an der PH Luzern, an, indem er darlegte, wie die durch ein von ihm geleitetes Projektteam entwickelte Lern-App zur historisch-politischen Bildung beiträgt und hohe gesellschaftliche Relevanz hat. Er stellte mit einem «Walkthrough», einer gefilmten Nutzung des Bildungsmediums, die Lernschritte vor. Ein wichtiges Merkmal der für den Unterricht der Sekundarstufe 1 und 2 konzipierten App ist, dass alle Lernschritte dokumentiert werden, sodass die Lernenden am Ende über ein persönliches Album verfügen. Mit den Interviews der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen entwickeln die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Zeitzeugnis. Vor diesem Hintergrund strich Sonia Castro Mallamaci, Verantwortliche der italienischsprachigen Version der App von der SUPSI, die Bedeutung der Quellenarbeit im Bildungsmedium heraus.

Auch das anschliessende, von der Moderatorin Christina Caprez kompetent geleitete Podiumsgespräch beleuchtete verschiedene interessante Aspekte der App. Jaqueline Fehr, Regierungsrätin im Kanton Zürich, erinnerte unter anderem daran, wie lange das Thema in der Schweiz tabuisiert gewesen war. Nur dank der Initiativen Einzelner kam die Geschichte schliesslich an die Öffentlichkeit. Nadine Fink, Verantwortliche der französischsprachigen Version von der HEP Vaud, betonte ebenfalls die grosse Bedeutung der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie deren Potenzial für Bildungsprozesse. Dominique Nania, Lehrer aus dem Kanton Bern, berichtete vom erfolgreichen Einsatz der App in seiner Klasse. Gemeinsam mit dem Betroffenen Mario Delfino wies er auch auf das grosse Potenzial des Bildungsmediums hin, als Gesprächsanlass und Türöffner zu dienen, damit Jugendliche allfällige eigene Gewalt- und Missbrauchserfahrungen formulieren können.

Zum Schluss dankte Susanne Kuster allen Beteiligten und Betroffenen und formulierte die Hoffnung, dass das neue Bildungsmedium eine grosse Verbreitung finden möge. Die Vernissage klang bei einem Apéro im Foyer des Nationalmuseums aus. Die Gelegenheit für Gespräche wurde ausgiebig und lange genutzt.

Bildergalerie vom 23. Januar 2025 (Fotos von Philipp Schmidli)


Kontakt

Projektmitarbeiter IGW
Peter Gautschi
Prof. Dr. phil.
peter.gautschi@phlu.ch
Portrait
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