Institut für Professions- und Unterrichtsforschung (IPU)

In der Hochschulstrategie 2016–25 wurden für das IPU zwei thematische Schwerpunkte definiert, nach denen sich die Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausrichten. Ein kurzer Einblick in zwei ausgewählte Forschungs- und Entwicklungsprojekte zeigt, wie vielfältig die bearbeiteten Themen und gewählten Forschungszugänge innerhalb der beiden Schwerpunkte sind.

Schwerpunkt Professionsforschung

Wie umgehen mit Unterrichtsstörungen? Solides Wissen und Können sind entscheidend für die Wiederherstellung eines lernwirksamen Unterrichts, der durch Störungen immer wieder unterbrochen wird. Die Gründe für Unterrichtsstörungen sind vielfältig: Teils sind es die Schülerinnen und Schüler, die gerade ganz woanders sind: Streit mit der besten Freundin, erstes Verliebtsein oder Lust auszuprobieren, wie weit man sich den langweiligen und unnötigen Aufgaben und Anweisungen der Lehrperson entziehen kann. Unterrichtsstörungen sind so gesehen eher die Regel denn die Ausnahme. Manchmal sind es aber auch die Lehrpersonen, die durch ihre Haltung und ihre Reaktionen auf Störungen diese noch «befeuern». Entscheidend ist auf Seiten der Lehrpersonen der Umgang mit den eigenen Emotionen: Ich bin vielleicht wütend, ärgerlich oder auch vor allem enttäuscht, soll und muss aber «professionell» reagieren und das schnell und im Moment. Wie können angehende Lehrpersonen solche Fähigkeiten erlernen? 

Im Projekt «Umgang mit Unterrichtsstörungen» (Leitung Prof. Dr. Irina Rosa Kumschick) wurde ein In-Situ Simulationstraining entwickelt, das Studierenden den eigenen Umgang mit Unterrichtsstörungen in einer fiktiven Klasse «live» erleben lässt. In der Rolle als Schüler oder Schülerin in einer zuvor festgelegten Unterrichtssituation kann man etwa erfahren, dass man Lust bekommt, weiter zu stören, wenn die Lehrperson unsicher zu werden scheint oder dass eine Lehrperson, die sich zu einem hinbewegt und eine klare und deutliche «Ansage» macht, einiges bewirken kann. Die Forschungsperspektive des Projekts klärt u.a. Fragen zu Aufbau und Wirkung angemessener Emotionsregulationsstrategien bei Unterrichtsstörungen, nutzt Selbst- und Fremdeinschätzungen des eigenen Erlebens und Verhaltens sowie Videoanalysen der Unterrichtssituationen und Analysen der Reflexionsberichte der Studierenden. 

Die Entwicklungsperspektive prüft geeignete Lehr-Lernsettings für das sogenannte abc-Training (affektiv-behavioral-cognitiv), die das Studium zur Sekundarlehrperson in dieser wichtigen Frage eines zunehmend professionelleren Umgangs mit Unterrichtsstörungen bereichern.


Schwerpunkt Unterrichtsforschung

Die soziale und kulturelle Heterogenität von Lerngruppen und die damit einhergehende pädagogisch begründete Individualisierung und Flexibilisierung des Unterrichts erfordern ein verändertes Raumkonzept von Schule. Aneinandergereihte Klassenräume, lange Flure, grosszügige Treppenhäuser und asphaltierte Pausenplätze bieten meist keine geeigneten Lernräume für Kinder und Jugendliche, die teils selbstorganisiert, individuell oder in Gruppen Lernaufträge bearbeiten oder in fächerübergreifenden Projekten zusammenarbeiten. Schulneu- oder -umbauten bieten Möglichkeiten für eine pädagogische Lernraumentwicklung im Trialog zwischen der Gemeinde als Bauherrin, Akteurinnen und Akteure der Schule und den Planungsbüros mit den Architektinnen und Architekten. Als Teil des EU-Projekts Learning Environment Applications (LEA) (Projektleitung Dr. phil. des. Cornelia Dinsleder) werden Planungs- und Entscheidungsprozesse im Rahmen eines Schulneubaus forschend und entwickelnd begleitet. Vom Erstkontakt mit der Gemeinde, über Workshops mit Schulleitungen und Lehrpersonen, einem Projekttag mit Schülerinnen und Schülern bis hin zu einem einwöchigen LernRaumlabor, einer Art Projektwoche, an der auch Studierende der PH und der Hochschule Luzern Technik & Architektur beteiligt sind, wird die Entwicklungsgeschichte mit Fokus auf die Hürden und Grenzen partizipativer Prozesse im Projekt nachgezeichnet. Im Fokus steht die «Stärkung der pädagogischen Stimme» im Sinne der Entwicklung einer pädagogischen Raumkompetenz bei den beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Was führt mit dazu, dass sich Schulleitende und Lehrpersonen aktiv in die Planungsprozesse einbringen und wie beurteilen Schülerinnen und Schüler ihre Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung von Innen- und Aussenräumen? Die verdichtende Fallbeschreibung basiert auf einer Dokumentenanalyse (Schulstrategie, Wettbewerbsausschreibung) und auf reflektierenden Interpretationen verschiedener Partizipationsanlässe im Planungsprozess, gestützt auf Protokolle, Bild- und Videomaterial.

Der Aufbau pädagogischer Raumkompetenz als Teil pädagogischer Professionalität scheint bisher insgesamt noch zu wenig beachtet. Das Projekt LEA möchte hier Impulse geben.

Wenn, wie in einem weiteren Projekt am IPU, der mediendidaktische Einsatz von Tablets im Kindergarten (Zyklus 1) in einer Lern-/Spielumgebung zum Thema Bauen videographisch festgehalten und analysiert wird, dann wird deutlich, wie Professions- und Unterrichtsforschung wechselseitig aufeinander bezogen werden können. Das Handeln der Lehrpersonen im Unterricht - hier mit einem Tablet zur Unterstützung des Wissensaufbaus - wird hinsichtlich seiner Lernwirksamkeit auf Seiten der Schülerinnen und Schülerinnen geprüft. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen zurück in die Aus- und Weiterbildung und unterstützen wiederum den Kompetenzaufbau der Lehrpersonen.


Publikationen IPU 2021

  • Näpflin, C. & Tettenborn, A. (2021). Evaluation des Projekts Studienbegleitender Berufseinstieg (SBBE) der PH Bern – Abschlussbericht. Forschungsbericht Nr. 80. Pädagogische Hochschule Bern.

  • Zulliger, S., Meier, J., Tettenborn, A. & Stanisavljevic, M. (2021). Befragung zum Studium 2021: Ergebnisdarstellung und Vergleiche mit vorangehenden Befragungen.1. Version. Forschungsbericht Nr. 79. Luzern: Pädagogische Hochschule.

  • Zulliger, S., Tettenborn, A. & Meier, J. (2021). Abschlussbefragung 2021: Ergebnisdarstellung der Studiengänge Kindergarten/Unterstufe und der Primarstufe. Luzern: Pädagogische Hochschule Luzern.

  • Zulliger, S., Tettenborn, A. & Meier, J. (2021). Abschlussbefragung S1 2021. Luzern: Pädagogische Hochschule Luzern.

  • Zulliger, S., Tettenborn, A. & Meier, J. (2021). Erstbefragung der Absolventinnen und Absolventen der PH Luzern durch das BFS 2019: Ergebnisdarstellung und Vergleiche mit anderen Pädagogischen Hochschulen 2019 und den Vorjahren 2017, 2015, 2013 und 2008. Forschungsbericht Nr. 78. Luzern: Pädagogische Hochschule Luzern.


Kontakt

Institutsleiterin IPU
Annette Tettenborn
Prof. Dr.
Sentimatt 1
6003 Luzern
annette.tettenborn@phlu.ch
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