Notebook oder Bleistift? «Gutes didaktisches Setting» ist entscheidend  

Hanspeter Erni ist so etwas wie der «Mister Digitalisierung» der PH Luzern. Als Co-Fachleiter Medien und Informatik und als Leiter Eduweb macht er Studierende, Lehrpersonen und Dozierende fit für die digitale Zukunft. Nach über 10 Jahren an der PH Luzern zieht es ihn nun weiter an die Volksschule – wo ihm das Thema Digitalisierung erhalten bleibt.

Die digitale Transformation ist fester Bestandteil deines Arbeitsalltags. Wenn du an das Jahr 2018 denkst, was waren die Highlights?

  Für mich gab es 2018 drei Highlights:  

  • Wir durften 2018 mit der Hochschule Luzern (HSLU) den schweizweit ersten Kongress im Bereich Open Educational Resources (OER) vorbereiten. Frei zugängliche, digitale Lern- und Lehrmaterialien haben viel Potenzial und wir sind dabei, bei diesem Thema eine Pionierrolle einzunehmen.
  • Gefreut hat mich, dass die PH Luzern damit begonnen hat, sich über ihre Digitalisierungsstrategie Gedanken zu machen. Das Thema wird auch grossen Einfluss auf die Studienplanreform 21 haben, wo unter anderem Veränderungen der Lernformen angedacht sind.
  • Ich stelle fest, dass die Digitalisierung nun bei den Dozierenden und Lehrpersonen angekommen ist und viele etwas ausprobieren wollen. Das bot uns von der Fachstelle Eduweb 2018 die Möglichkeit, unser Wissen weiter auszubauen und spannende Projekte wie z.B. das kollaborative Schreiben und veröffentlichen von multimedialen Inhalten mit dem Tool Pressbooks zu lancieren. 

Mit Pressbook sprichst du eine der Möglichkeiten an, welche die digitale Transformation bietet. Wo liegen die Herausforderungen?

Die liegen einerseits darin, sich das Wissen anzueignen, wenn es um den Einsatz digitaler Geräte und Lernumgebungen sowie deren Möglichkeiten mit Blick auf Open Access und Open Content (Stichwort OER) geht. Andererseits im gesamten Bereich der Medienpädagogik, also dem korrekten und sicheren Umgang mit den neuen Medien. 

Das sind ziemlich hohe Anforderungen. Wie weit sind die Schulen mit der Umsetzung?

Das ist sehr unterschiedlich und es braucht Zeit, bis dieses Wissen in den Schulen ankommt. Entscheidend ist erstens, welche Mittel eine Gemeinde für die Infrastruktur aufwendet. Zweitens, wie gut die Lehrpersonen ausgebildet sind und drittens, wie die pädagogische und technische Betreuung vor Ort sichergestellt wird. Alle drei Pfeiler sollten aufeinander abgestützt sein.

Welchen Beitrag leistet die PH Luzern, um die Lehrpersonen auf die neuen Anforderungen vorzubereiten?

Momentan finden obligatorische Weiterbildungskurse im Bereich Medien und Informatik statt. Die Ressourcen sind aber beschränkt. Ergänzend bieten wir einen CAS an, in welchem wir zusätzliche Spezialisten für die Schulen ausbilden. Es reicht definitiv nicht, einfach jeder Lehrperson ein Notebook in die Hand zu drücken. Einen wesentlichen Beitrag leistest zudem das Zentrum Medienbildung (Zembi) mit gezielten Unterstützungsprojekten. 

Was ist aus deiner Sicht der Mehrwert der digitalen Technologien? 

Sie ermöglichen mehr Vielfalt und Individualität im Unterricht. Tatsache ist zudem, dass heute praktisch jeder Beruf mit digitalen Instrumenten arbeitet. Die Schule darf sich da nicht abhängen lassen. Besonders der richtige Umgang mit den Inhalten ist wichtig. Hier geht es um Themen wie 24 Stunden online sein, um das digitale Burnout, Cyber-Mobbing usw. 

Es gibt aber nach wie vor auch Themen, die sich nicht digital aufbereiten lassen. Was sind sinnvolle Mischformen?

Ein gutes didaktisches Setting zu haben, ist die Herausforderung, welcher sich jede Lehrperson stellen muss. Es geht um Fragen wie: Welche Lerninhalte eignen sich für die Vermittlung mit digitalen Medien? Welche ausdrücklich nicht? Welche Medien kommen zum Einsatz? Wie werden die verschiedenen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abgedeckt? Das muss jede Lehrperson für sich beantworten. Es geht auch darum, mal den Mut zu haben, etwas mit Papier und Bleistift zu machen. In der Aus- und Weiterbildung zeigen wir verschiedene Möglichkeiten auf. In der Informatik z.B. spricht man hier von Computer Science unplugged.

2018 wurde auch der Master Fachdidaktik Medien und Informatik lanciert. Wie ist der Studiengang angelaufen?

Überdurchschnittlich gut. Wir hatten gehofft, mit sechs bis acht Studierenden zu starten, es waren dann über 30 Personen. Spannend ist insbesondere, dass die Teilnehmenden in der Regel entweder von der Medienbildung oder der Informatik kommen. Das ist ideal, um Defizite aus dem jeweils anderen Bereich auszugleichen. Die Schulen und vor allem die Pädagogischen Hochschulen sind künftig dringend auf diese Expertinnen und Experten angewiesen.

Wo steht denn deiner Meinung nach die PH Luzern selber im Bereich Digitalisierung?

Wir sind als erste Notebook Schule der Schweiz gestartet, haben aber mittlerweile keine Pionierrolle mehr inne. Dies ist darauf zurückzuführen, dass andere Hochschulen ein höheres Tempo an den Tag legen und mehr Ressourcen investieren konnten. Das Potenzial ist aber an der PH Luzern nach wie vor vorhanden. Besonders zur neu aufgebauten Kompetenz im Bereich OER müssen wir Sorge tragen.

Nach den Sommerferien fängt für dich ein neues Kapitel an: Nach über 10 Jahren an der PH Luzern in verschiedenen Funktionen übernimmst du in deiner Wohngemeinde den Posten des Gesamtschulleiters. Wird die Schule Rickenbach nun eine digitale Vorzeigeschule?

(Lacht) Das ist natürlich die Hoffnung meiner neuen Vorgesetzten. Mit meiner Erfahrung und meinen guten Kontakten zur PH Luzern werde ich sicherlich meinen Teil dazu beitragen können, dass die Digitalisierung an der Schule Rickenbach ankommt. Zudem läuft bereits ein Projekt mit dem Zembi, das die Lehrpersonen fit macht für die Herausforderungen der Zukunft. Nicht zuletzt wollen wir auch eine gute Praxisschule sein. Die Verbindung mit der PH werde ich also sicherlich auch in meinem neuen Job halten.


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