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Wenn der Rektor der PH Luzern über Lehrmittel spricht, ist die Rede von deren Einsatz, von deren Beziehung zu Lehrpersonen und Lernenden; von Anforderungen, Erwartungen und Zielen auch; und natürlich von Entwicklungen bis heute – und ganz besonders spannend wird es, wenn Hans-Rudolf Schärer in die Zukunft und weit über unsere Region hinaus blickt.
Hans-Rudolf Schärer, was bewog die PH Luzern dazu, das Thema «Lehrmittel-Entwicklung» zum Schwerpunkt-Thema des aktuellen Tätigkeitsberichts zu machen?
Die Lehrmittel-Entwicklung als Schwerpunkt im Tätigkeitsbericht 2019 der PH Luzern und die wachsende Profilierung der PH Luzern in Bezug auf die Produktion von Lehrmaterialien entsprechen unserem Auftrag, aber auch unserem Selbstverständnis. Gemäss dem PH-Gesetz betreibt die PH Luzern berufsfeldbezogene Forschung und Entwicklung. Die Lehrmittel-Entwicklung entspricht genau dieser berufsfeldbezogenen Aufgabe.
Und das erwähnte Selbstverständnis?
Bezieht sich darauf, dass wir vor allem Schulen unterstützen wollen. Sie sind unsere zentralen Anspruchsinstitutionen. Indem wir Lehrmittel herstellen, unterstützen wir die Schulen und die Lehrpersonen. Und wenn wir das gut machen, unterstützen wir indirekt auch die Kinder und die Jugendlichen. Nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen.
Dann lassen Sie uns mit einer Grundsatzfrage in dieses Gespräch über die Lehrmittel-Entwicklung an der PH Luzern einsteigen: Was ist in Ihren Augen ein gutes Lehrmittel?
Der Philosoph Peter Sloterdjik sagte sinngemäss einmal, Lehrerinnen und Lehrer seien allzu häufig Sachwalter der fertigen Welt. Hinter diesem negativen Lehrerbild steht die Erfahrung einer bestimmten Art von Lehrmitteln. Darin wird eine Art der Wissensvermittlung praktiziert, die daraus besteht, dass Informationen präsentiert und dann abgefragt werden. Die Fragen, die gestellt werden, sind immer Fragen, auf die es schlüssige Antworten gibt. Aber der dadurch vermittelte Eindruck, dass es erstens auf jede Frage eine Antwort gibt und dass zweitens diese Antwort entweder falsch oder richtig ist, widerspricht diametral der Lebenserfahrung und auch meiner Vorstellung von guten Lehrmitteln.
Warum?
Weil ein gutes Lehrmittel häufig ein umso besseres Lehrmittel ist, je mehr gute Fragen statt vermeintlich richtiger Antworten es enthält; je mehr es auf problematische Facetten des Lebens eingeht und eine Welt zeigt, die keine vollständig erklärbare ist und folglich auch nicht als solche dargestellt und gelehrt werden soll. Ein Lehrmittel soll Platz bieten für die Unabgeschlossenheit der Welt, soll die Reflexion fördern, die sich daraus ergibt. Und wenn man den Lehrstoff «durchgenommen» hat, sollen nicht alle Fragen beantwortet sein.
Schon gar nicht nach dem Richtig-oder-Falsch-Muster.
Wobei das natürlich von der Art der Fächer abhängt. Ich meine, in der Mathematik gibt es vernünftigerweise keine unterschiedlichen Meinungen darüber, was ein gleichschenkliges Dreieck ist. Aber gerade auch die Mathematik lässt Spielraum! Ich war als Schüler nie eine Leuchte in Mathematik. Aber ich hatte eine Zeitlang einen Lehrer, der offen war für philosophische Komponenten der Mathematik. Zum Beispiel dachte er mit uns Schülern nach über Fragen wie «Wie kann es sein, dass es irrationale Zahlen gibt?» oder «Was ist Endlichkeit, was ist Unendlichkeit?» Darum würde ich die eingangs gestellte Frage wohl am treffendsten so beantworten: Ein gutes Lehrmittel ist eines, in dem neben der Wissensvermittlung auch die «Frag-Würdigkeit» der Welt zum Ausdruck kommt.
Und die Neugier weckt oder fördert.
Ja. Denn Stoff aneignen und unbesehen reproduzieren, das ist Bulimie-Lernen. Diese «Methode» mag überschaubar und für alle leicht anwendbar sein, aber sie fördert nicht das Vor- und Nachdenken. Darum bin ich zum Beispiel froh darüber, dass bei uns in den naturwissenschaftlichen Fächern auch die gesellschaftlichen Dimensionen eine wichtige Rolle spielen. Es geht nicht bloss darum, was richtig oder falsch ist, sondern vor allem auch um die Frage, was die Unterscheidung von richtig und falsch bedeutet.
Aber Schülerinnen und Schüler wollen und sollen mit einem Lehrmittel auch die Erfahrung machen, dass sie Erkenntnisse gewinnen.
Natürlich, darum ist der vorhin skizzierte Weg auch eine Gratwanderung. Zwar sollen die Unabgeschlossenheit der Welt und auch die Vorläufigkeit der Erkenntnis zum Ausdruck kommen, aber auf der anderen Seite haben Schülerinnen, Schüler und Studierende ein Recht darauf, dass in Lehrmitteln Dinge geklärt werden und sie Gewissheiten gewinnen. Es ist zwar nicht ohne Grund ausser Mode gekommen, Hartmut von Hentig zu zitieren, aber sein Grundsatz aus den 70-er Jahren «Die Sachen klären, die Menschen stärken» brachte meines Erachtens sehr gut auf den Punkt, worum es auch bei Lehrmitteln geht: Nicht nur um das Vermitteln von Wissen und Kompetenzen, sondern auch um den Aufbau von Haltungen.
«Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Lehrmittel für die Unterrichtsgestaltung letztlich wichtiger sind als der Lehrplan»
Wenn Sie noch eine weitere pragmatische Frage gestatten: Wie beurteilen Sie generell den Stellenwert von Lehrmitteln
Ich antworte diesmal nicht in Anlehnung an Peter Sloterdjik, sondern mit dem Verweis auf einen Aufsatz von Jürgen Oelkers, der vor rund 20 Jahren probehalber den schulischen Unterricht auf drei Faktoren reduzierte. Faktor 1: Die Lehrenden. Faktor 2: Die Lernenden. Faktor 3: Die Lehr- und Lernmittel. So einfach dieses Dreieck ist, so einleuchtend ist es. Für Lehrende haben Lehrmittel in hohem Mass eine Orientierungs-, Strukturierungs- und Koordinationsfunktion. Aus Sicht der Schülerinnen und Schüler sollen Lehrmittel auch motivieren, Neugier wecken und dabei helfen, Erwartungshaltungen zu klären, etwa im Hinblick auf Prüfungen oder andere Lernnachweise.
Die Lehrmittelentwicklung, die das Fokusthema des diesjährigen Tätigkeitsberichts bildet, stellt für den Leistungsbereich Forschung und Entwicklung ein zentrales Aufgabengebiet dar. In der Regel werden entsprechende Entwicklungsprojekte in unserem Leistungsbereich durchgeführt. Bereits seit Jahren ist die PH Luzern an wichtigen Lehrmittelentwicklungen für die Schweiz beteiligt. Darunter sind für die Volksschule verbreitete Schulbücher wie «dis donc!»/«dis voir!» oder «Die Sprachstarken», die beständig weiterentwickelt werden.
Auch 2019 wurde in unserem Leistungsbereich an zahlreichen grösseren und kleineren Lehrmittelprojekten gearbeitet. Davon zeugen z. B. das neu erschienene «WAH-Buch» oder das in Kürze erscheinende Lehrmittel «Schauplatz Ethik». Zudem führen wir an der PH Luzern mehrere Forschungsprojekte durch, die sich mit Schulbüchern befassen, z. B. mit Schulbuchnutzung und Schulbuchzufriedenheit, mit Weiterbildungen für den Schulbucheinsatz und mit der Kompetenzorientierung in Schulbüchern.
Besonders hervorzuheben sind auch unsere Aktivitäten im Bereich der Entwicklung digitaler Lehrmittel.Beispiele sind digitale Lerneinheiten für den NMG-, ERG- und RZG-Unterricht, das Wahlpflichtfach MINT und den Musikunterricht im Auftrag der Dienststelle Volksschulbildung Luzern sowie Lerneinheiten für digitale Leitprogramme in der beruflichen Bildung im Auftrag der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung.
Dazu kommen digitale Begleitmaterialien für Lehrbücher wie das WAH-Buch und digitale Materialien für ausserschulische Lernorte (z. B. Agrarmuseum Burgrain bzw. NEST der Empa), aber auch Simulationen (z. B. «Wirtschaft entdecken»), Lern-Apps (z. B. «Fliehen vor dem Holocaust»), Video-Lernspiele (z. B. «When we disappear»), Videobooks (z. B. zu Alfred Escher) und Augmented-Reality-Applikationen (z. B. zu Stromkreismodellen). Mehrere Forschungsprojekte liefern Erkenntnisse zum Lernen von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Ressourcen (z. B. digitale Experimentieranleitungen und Smartphones), zu den Vor-, aber auch Nachteilen konsequent digital ausgerichteter Lehrmittel und zu Überzeugungen und Kompetenzen von Lehrpersonen im Umgang mit digitalen Medien.
An der PH Luzern profitieren wir für die Lehrmittelentwicklung von einem Zusammenwirken der Leistungsbereiche und insbesondere der Tatsache, dass unsere Mitarbeitenden meist in mehreren Leistungsbereichen tätig sind. Dozierende nutzen ihre Erfahrung sowohl im Berufsfeld als auch in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen und bringen damit ihre fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Expertise und ihre Kenntnisse von Schule und Unterricht in die Lehrmittelentwicklung ein. Sie können erste Entwürfe mit Studierenden und Lehrpersonen erproben und so einerseits wertvolle Rückmeldungen einholen und andererseits die kritische Auseinandersetzung mit Lehrmitteln fördern.
Wenn dann Dozierende Lehrmittel, an deren Entwicklung die PH Luzern beteiligt war, in der Aus- und Weiterbildung einsetzen, sorgen sie dafür, dass angehende und erfahrende Lehrpersonen die Lehrmittel so verwenden, dass sie zu einer bestmöglichen Unterstützung des Lernprozesses von Schülerinnen und Schülern eingesetzt werden können. Und schliesslich tragen die Erkenntnisse aus Forschungsprojekten betreffend Einsatz von Lehrmitteln zu einer grösseren Wirksamkeit dieser bei.
Dorothee Brovelli, Prorektorin Forschung und Entwicklung
Es gibt immer noch manche Menschen, für welche die Schulbücher die einzigen Bücher sind, die sie im Leben lesen...
(lacht) Jedenfalls ist es erwiesen, dass sich viele erwachsene Menschen gut an die Lesebücher aus ihrer Schulzeit erinnern. Das zeigt einmal mehr deren Bedeutung.
Eine weitere pragmatische Frage: Welche Bedeutung haben Lehrmittel im Verhältnis zu den Lehrplänen?
Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Lehrmittel für die Unterrichtsgestaltung letztlich wichtiger sind als der Lehrplan. Dieser legt den Rahmen fest, wie Lehrmittel ausgewählt werden, aber die Lehrmittel haben den grösseren Einfluss auf den Unterricht.
Welche Hauptfunktionen würden Sie den Lehrmitteln denn vor diesem Hintergrund zuschreiben?
Ich sehe im Wesentlichen zwei Funktionen, eine instrumentelle und eine gesellschaftliche. Die instrumentelle Funktion lässt sich vielleicht verknappt so zusammenfassen: Lehrmittel sollen Lehrenden das Lehren und den Lernenden das Lernen erleichtern. Die gesellschaftliche Funktion anderseits hat auch eine politische Seite. Das zeigt sich immer wieder an der Auseinandersetzung um Lehrmittel. Diese gesellschaftliche Auseinandersetzung gibt es zwar auch um Lehrpläne, durchaus auch in Bezug auf den Lehrplan 21, aber fast nachhaltiger noch im Hinblick auf Lehrmittel.
An welche Beispiele denken Sie da konkret?
Zum Beispiel an die Sexualpädagogik. Das ist ein heikler Bereich. Es gibt nach wie vor junge Männer und Frauen, die sich nicht adäquat mit ihrer Sexualität auseinandersetzen können. Die Art der sexualpädagogischen Lehrmittel, die in der Schule verwendet werden, bot immer wieder Anlass zu heftigen Kontroversen. Ich erinnere mich etwa daran, dass in Basel vor Jahren mit einem Koffer gearbeitet wurde, der Geschlechtsteile in Plüschform enthielt und ganz viele Leute auf die Palme brachte. In den USA schlug und schlägt die Diskussion um den Stellenwert des «Kreationismus» gegenüber der Evolutionslehre hohe Wellen.
Sie sprechen jetzt von der Schöpfungsgeschichte?
Sie ist eine Frage des Glaubens, ist aber wissenschaftlich widerlegt. Die Lehrmittel müssen den wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen. Sie können diese auch vereinfachen oder portionieren, aber Lehrmittel dürfen die wissenschaftliche Faktenlage nicht ignorieren. Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber politischen Interessen – etwa wenn es in Geschichtslehrmitteln um die sachgerechte Darstellung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg geht. Markus Furrer, ein Kollege von uns, schrieb vor rund 20 Jahren ein hoch interessantes Buch, in welchem er die Mentalitätsgeschichte der Schweiz nachzeichnete anhand der Geschichtslehrmittel in verschiedenen Epochen. Er zeigte auf, was zu verschiedenen Zeitpunkten nach dem Zweiten Weltkrieg als schweizerisch galt.
«Neben der instrumentellen Funktion von Lehrmitteln gibt es immer auch eine gesellschaftliche»
Eine kontroverse Diskussion für sich dreht sich ja auch um die Frage: Hat die Schweizer Geschichte in den Lehrmitteln unserer Schulen ausreichend Platz?
Und die Diskussion ist da nicht zu Ende. Sie hat auch ein Pendant in der thematischen Ausrichtung von Geschichts-Lehrstühlen, die ihrerseits wiederum die Diskussion betreffend Lehrmittel beeinflusst. Und vor Jahrzehnten gab es den «Fall» der Glinz-Grammatik. Dieser damals reichlich neuartige Ansatz zur Systematisierung der deutschen Sprache war weniger dem Lehrplan geschuldet, sondern basierte auf einem neuartigen Lehrmittel, das heftig umstritten war.
Womit wir bei der Frage der Methodenfreiheit im Unterricht wären und wie weit diese gehen soll oder gehen darf.
Wie gesagt: Neben der instrumentellen Funktion von Lehrmitteln gibt es immer auch eine gesellschaftliche. Dabei ist zu beachten, dass es auch zahlreiche kantonale Lehrmittelverlage gibt. Und es gibt obligatorische und empfohlene Lehrmittel, eine Lehrmittel-Kommission, welche von der Bildungsverwaltung eingesetzt wird, um Lehrmittel auszuwählen und zu bestimmen. Die Kriterien und Abstufungen kenne ich nicht im Detail, aber am Ende steht ein Regierungsratsbeschluss. Und das bedeutet auch, dass nicht bloss Lehrpläne, sondern auch Lehrmittel der politischen Steuerung von Schulen dienen. Dass dies zu Friktionen führen kann, liegt auf der Hand.
Hängt die Methodenfreiheit der Lehrpersonen auch ab von ihren jeweiligen Unterrichtsstufen?
Ich denke schon. Je höher die Unterrichtsstufe, desto grösser die Wahlmöglichkeiten bezüglich Lehrmittel. In der Volksschule wird in hohem Mass auf Basis von obligatorischen Lehrmitteln unterrichtet, in Gymnasien einigen sich wohl am ehesten Fachschaften auf den Gebrauch von gemeinsamen Unterrichtsmitteln. Der Staat macht dahingehend kaum Vorschriften, aber er kann natürlich praktisch jederzeit intervenieren. Es gab ja vor gar nicht allzu langer Zeit das Beispiel eines Zürcher Gymnasiallehrers im Fach Deutsch, der temporär suspendiert wurde, nachdem die Mutter eines Schülers den Vorwurf der Pornografie erhoben hatte – im Zusammenhang mit der Klassenlektüre von Frank Wedekinds «Frühlingserwachen». An den Hochschulen wird die Lehr- und Forschungsfreiheit mit allem Nachdruck verteidigt.
Der Leistungsbereich Ausbildung der PH Luzern bereitet Lehrerinnen und Lehrer auf die wirksame und verantwortungsbewusste Erfüllung ihres Berufsauftrags und die zukunftsorientierte Gestaltung der Schule vor. Damit zukünftige Lehrpersonen selbständig geeignete Lehrmittel für ihre Zielstufe und Fächer auswählen und einsetzen können, lernen sie in der Ausbildung unterschiedliche Lehrmittel für die einzelnen Fächer und Kriterien zu deren Auswahl kennen. Sie analysieren Inhalte und Vorgehensweisen von Lehrmitteln zum Aufbau der fachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. In den Praktika setzen sie ausgewählte Lehrmittel ein und überprüfen die Wirkungen des Unterrichts im Hinblick auf den angezielten Kompetenzaufbau, begleitet durch Praxislehrpersonen und Dozierende. Im Rahmen von Abschlussarbeiten untersuchen Studierende Lehrmittel und entwickeln und erproben eigene Unterrichtsmaterialien.
Lehrmittel bilden eine wichtige Grundlage für die Gestaltung des Unterrichts auf allen Schulstufen. Um als Medium für Innovationen zu dienen, müssen die Lehrmittel sowohl fachlich als auch didaktisch auf aktuellen Erkenntnissen zum Lehren und Lernen beruhen. Geeignete Lehrmittel zielen auf den Aufbau relevanter fachlicher und überfachlicher Kompetenzen und schlagen Methoden für die Unterrichtsgestaltung vor, welche wissenschaftlich begründet sind. Zentrale Kriterien für die Auswahl von Lehrmitteln sind deshalb deren Passung zum geltenden Lehrplan 21, der Lebensweltbezug für die Schülerinnen und Schüler, die Möglichkeit zur Individualisierung der Lernwege und ein fundierter Kommentar für Lehrpersonen, welcher ihnen Handlungsoptionen für den Unterricht eröffnet und begründet.
In verschiedenen Fächern haben Dozierende der PH Luzern die Lehrmittelentwicklung verantwortet oder bei der Entwicklung mitgewirkt, z.B. im Fach Deutsch (Die Sprachstarken), Musik (Kreschendo), Französisch (Dis Donc!) oder Mathematik (Mathwelt). Ins Jahr 2019 fiel die Vernissage von Lehrmitteln der Fächer Geschichte (Band 3 von Räumen, Zeiten, Gesellschaften und ein Lehrmittel zur politischen Bildung für die Stadt Luzern) sowie Wirtschaft, Arbeit, Haushalt (WAH-Buch mit Online-Materialien). Zudem haben Dozierende der PH Luzern ein Dossier für die Zeitschrift 4bis8 erstellt (Erstaunliche Bauwerke: Spielen-bauen-forschen) und digital zugängliches Unterrichtsmaterial entwickelt, z.B. für die Plattform entdecke.lu.ch und zu aktuellen Schweizer Filmen (Zwingli, Platzspitzbaby).
Dozierende der PH Luzern setzen auch Impulse für die Weiterentwicklung der Lehrinhalte an Pädagogischen Hochschulen, indem sie Lehrmittel für die Lehrer/-innenbildung erarbeiten, z.B. eine Publikation zur Kompetenzförderung mit Aufgabensets. Aktuell ist ein Studienband zum kompetenzorientierten Beurteilen in Entstehung, welcher Grundlagentexte und Beispiele aus verschiedenen Fächern zur Verfügung stellt. Zudem entwickelten Dozierende der PH Luzern in Zusammenarbeit mit Lehrpersonen Videodokumentationen zu kompetenzorientiertem Unterricht in verschiedenen Unterrichtsfächern, welche in Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden können.
Häufig ist die Veröffentlichung von Lehrmitteln und Studienbänden das Resultat der Zusammenarbeit von Dozierenden mit Lehrpersonen (z.B. Praxislehrpersonen und ehemalige Studierende), welche die Materialien erproben und Rückmeldungen für die Entwicklung geben. Neben der Zusammenarbeit mit Schulen bildet die Forschung zu Lehr-Lernprozessen und zur Wirkung von Lehrmitteln eine wichtige Basis für die Erarbeitung von Lehrmitteln. Als weitere Bedingung braucht es auch in Zukunft Auftraggeber/-innen, welche die Entwicklung von analogen und digitalen Lehrmitteln finanzieren. Unter diesen Voraussetzungen stehen den Lehrpersonen auch in Zukunft lernwirksame Lehrmittel zur Gestaltung des Unterrichts zur Verfügung und kann die Ausbildung sie für deren kompetenten Einsatz vorbereiten.
Kathrin Krammer, Prorektorin Ausbildung
Kommen wir von diesem über 100 Jahre alten Drama, das manche in Form eines gelben Reclam-Büchleins kennen, zu den e-Medien der Gegenwart und der nahen Zukunft! Denken Sie, dass die im Frühjahr 2020 erlebte «Corona-Phase» das Thema der obligatorischen Lehrmittel beeinflussen wird?
Ja, ich vermute, dass sie zusammen mit der Entwicklung des Internets und der e-Medien den Grundsatz des Gebrauchs der obligatorischen Lehrmittel etwas aufweichen dürfte. Bedenken wir: Wir haben derart viele Lehrmittel online verfügbar, dass der Staat nur noch beschränkt eine Kontrollfunktion wird übernehmen können. Es werden just jene Lehrpersonen, die während der Corona-Pandemie teilweise neue Erfahrungen bezüglich Unterrichtsformen machen und sich entsprechende Kompetenzen aneignen, wohl vermehrt ihre eigenen Wege gehen. Umgekehrt ist eine Koordination im Hinblick auf die Durchlässigkeit in der Volksschule aber nach wie vor unabdingbar.
In welche Richtung der Lehrmittel wird es in Zukunft gehen?
Ich denke, dass digitale Medien in naher Zukunft viel mehr genutzt werden als vor der Corona-Krise. Es wird auch einen Ausbau der Infrastruktur geben – mit Gerätschaften, mit Technik, mit Tools. Fernunterricht wird häufiger vorkommen, aber meine Überzeugung ist, dass auch in Zukunft in Lernprozessen der Schule die Präsenz der Lehrenden eine zentrale Rolle spielen muss. Es braucht die Wirkung der Persönlichkeit des Lehrers und der Lehrerin, damit Lernprozesse eine hohe Qualität erhalten. Ich vermute, dass in Zukunft die Lehre «hybrid» wird, dass es noch häufiger Lernarrangements geben wird, Lern-Packages mit Präsenzunterricht auf der einen und Fernunterricht auf der anderen Seite.
«Es wird in Teilen ein neues Berufsverständnis für Lehrpersonen geben»
Also geben Sie auch dem klassischen Lehrbuch eine Zukunft?
Ja, aber das Lehrbuch wird ein Medium unter mehreren Medien sein und eingebettet in ein Lernarrangement, bei dem man mit Text arbeitet, aber auch mit Video, mit Grafik und auch an ausserschulischen Lernorten. Die Monopolstellung im Unterricht gehört schon länger nicht mehr dem klassischen Lehrbuch, was aber meines Erachtens nicht heisst, dass es verschwinden wird. Auch die strikte Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden wird durch Lehr/Lernarrangements wohl immer mehr aufgeweicht. Oder anders gesagt: Es wird in Teilen ein neues Berufsverständnis für Lehrpersonen geben.
Heisst das: Lehrerinnen und Lehrer entwickeln sich in Richtung Coaches?
Jedenfalls lassen die erwähnten hybriden Lernpakete viel Raum für persönliche Wege und Lösungen. Das heisst, Lehrpersonen können noch stärker als bisher auf die individuellen Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern eingehen. Das Lehrbuch bliebe demnach ein zentraler Korpus, aber um dieses herum gibt es Extremitäten, und diese kann man abhängig von den jeweiligen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler bewegen.
Ein Paradigmenwechsel betreffend der Lehrerrolle?
Sicher ist, dass die Zeiten, wo eine Lehrperson eine Klasse in einem Schulzimmer mit einem Lehrmittel unterrichtete, der Vergangenheit angehören. Immer häufiger werden mehrere Lehrpersonen unterschiedlichen Lerngruppen arbeiten und unterschiedlich umgehen mit verschiedenen Medien. Von daher kann wohl schon sagen, dass neuartige Lehrmittel auf welche die Lehrerrolle Einfluss haben.
Die Ethik der Praktikabilität, nicht die kritische Auseinandersetzung, bestimmt weitgehend die rund um die Einführung neuer Lehrmittel.
Die Einführung neuer Lehrmittel durch den Kanton wird in der Regel mit Weiterbildungskursen für die Lehrpersonen begleitet. In diesen Kursen findet typischerweise zuerst eine Orientierung im Sinne eines Überblicks über die Struktur des Lehrmittels statt. Es folgt dann die didaktische Auseinandersetzung, bevor prototypische Unterrichtsverläufe, die Unterrichtsorganisation und die Semester- und Jahresplanung betrachtet werden. Schliesslich werden auch Beurteilungskonzepte besprochen. Die Teilnehmenden sind zudem aufgefordert, ihre konkreten Fragen, Beispiele oder Problemstellungen aus dem Schulalltag mitzubringen, die dann in Beziehung zum Lehrmittel gestellt werden.
Die kritische Auseinandersetzung mit der in den Lehrmitteln verwendeten Sprache, dem Bildmaterial, der Darstellung von Diversität, Machtverhältnissen, transportierten Weltanschauungen usw. findet aufgrund der begrenzten Weiterbildungszeit oft nur am Rande statt. Bei obligatorischen Lehrmittel-Einführungskursen dominiert zudem die Ethik der Praktikabilität. Insbesondere Junglehrpersonen suchen in den Weiterbildungskursen konkrete Unterstützung, Begleitung und Erfahrungen, da Lehrbücher primär auf erfahrene Lehrpersonen ausgerichtet seien.
Die Nachfrage nach Weiterbildungskursen, welche die Einführung neuer Lehrmittel begleiten, variiert auch in Abhängigkeit des Fachs, der Motivation durch den Kanton und der Exklusivität des Angebots. Werden neue Lehrmittel bereits in andern Weiterbildungsveranstaltungen thematisiert (z. B. Intensivkurse im Rahmen der Lehrplan-21-Einführung) oder bieten die Verlage z. B. Online-Einführungen an, ist das Interesse, einen Weiterbildungskurs zu besuchen, eher gering. Erklärt der Kanton einen Weiterbildungskurs als obligatorisch, besteht eine relativ hohe Planungssicherheit bezüglich «Interesse» an den Kursen. Schliesslich lässt sich auch beobachten, dass die Lehrmitteleinführung für zentrale Fächer mit vielen Lektionen pro Woche (z. B. Deutsch, Mathematik) deutlich mehr nachgefragt wird als etwa für Ethik oder Natur und Technik.
Die Rolle und Funktion der Lehrmittel werden immer wieder kontrovers diskutiert. Die einen bezeichnen die Lehrmittel als Rückgrat des Unterrichts; andere befürchten eine De-Professionalisierung der Lehrpersonen. Umso schwieriger ist zu verstehen, wie die breite und kritische Auseinandersetzung mit verschiedensten Lehrmitteln als Teil der Professionalitätsentwicklung von Lehrpersonen oft zu kurz kommen kann.
Jürg Arpagaus, Prorektor Weiterbildung
Wie beurteilen Sie Entwicklung dieser neuen, hybriden oder digitalen Lehrmittel vor dem Hintergrund, dass viele junge Menschen im Bewusstsein aufwachsen, dass sie via Internet oder Online-Plattformen enorm viele Leistungen im Angebot haben, die sie in einer für sie passenden Form in Anspruch nehmen können, ohne dass sie dafür bezahlen müssen?
«Open educational resources» (OER), um einen Sammelbegriff zu verwenden, sind zweifelsfrei ein wichtiger Faktor in der heutigen Bildungslandschaft. Ein wichtiges Ziel, das mit solchen Angeboten im Internet verfolgt wird, ist in der Tat der günstige oder kostenlose Zugang zu Lehrmitteln. Ich sehe da ein grosses Potenzial für jene Menschen, die materiell nicht die Möglichkeit haben, sich teure Lehrmittel zu erstehen. Fachliteratur ist auch in der Schweiz nicht für alle lernwilligen Menschen finanzierbar.
Es soll also in Richtung obligatorische Lehrmittel gehen, die Schülerinnen und Schülern gratis zur Verfügung gestellt werden?
Da muss man zwischen Anbieten, Nutzen und Bildungsbehörden gangbare Wege finden.
Ich bin aber tatsächlich der Meinung, dass nicht nur die Lehrveranstaltungen der reputierten Universitäten von Harvard oder Princeton oder der beiden ETH’s via Streamings oder Videos global zugänglich sein sollen, sondern auch Lehrmittel für Schulen. Das kann auch für Jugendliche in Ländern des Südens und ihren Bildungsorganisationen neue Möglichkeiten eröffnen. Oft genug ist es in diesen Ländern ja vor allem die Bildung, die nachhaltige Perspektiven eröffnet – gerade für junge Menschen. Die PH Luzern ist heute schon an einem Projekt der ETH Zürich beteiligt, das mit einheimischen Hochschulen in Ghana und Kamerun Lehrmittel für nachhaltige Entwicklung erarbeitet. Aber: Gerade auch bei den e-Medien darf man ein grundlegendes Ziel von Lehrmitteln nicht aus den Augen verlieren!
Und das wäre?
Das Erziehungsziel der Mündigkeit. Alle, insbesondere auch die immer zahlreicheren Lehrmittel aus dem Online-Bereich müssen zum Ziel haben, dass sie ihren Anwenderinnen und Anwendern mündige Entscheide ermöglichen.
«Wir müssen unsere Studierenden dazu bringen, dass sie Lehrmittel möglichst sachgerecht beurteilen können»
Impliziert die Bemerkung eine gewisse Sorge, dass der digitale Wandel eine Entwicklung in die andere Richtung fördert?
Ich bin da nicht Fachmann. Aber wenn man den digitalen Wandel in unserer Gesellschaft betrachtet, stösst man auf tolle neue Möglichkeiten, die Mündigkeit fördern. Ich denke da etwa an Menschen mit Beeinträchtigungen, denen digitale Möglichkeiten auf vielfältige Weise helfen können. Mündigkeit scheint mir aber auch bedroht, wenn ich an Sicherheitsprobleme oder unterlassenen Datenschutz denke. Oder an den unreflektierten Umgang mit Bildern! Heutzutage sind Bildmanipulationen oft spielerisch einfach möglich. Dafür müssen Lehrmittel sensibilisieren. Es funktioniert heute so viel, ganz besonders in der Werbung, über den Transfer von Bildern. Da können Versprechungen gemacht werden, die nie und nimmer einzuhalten sind. Ein heikles Gebiet ist auch die Frage von Lehrmitteln für kleine Kinder. Da kommt mir Walter Benjamins Aufsatz aus den 30 er Jahren zum Thema: Was ist gutes Spielzeug für Kinder? In den Sinn.
Mit Verlaub: Das scheint jetzt etwas gar weit zurück zu liegen...
Aber seine Antwort von damals scheint mir noch immer aktuell. Sie lautete sinngemäss: Ein Spielzeug für Kinder ist dann gut, wenn Kinder den Mechanismus von Aufbau und Funktion des Spielzeugs durchschauen. Das ist, was ich meine: Eine altersgemässe Hinführung zur Unterscheidung von Ursache und Wirkung. Das ist ein ganz wesentlicher Faktor auf dem Weg zum Ziel der Mündigkeit. Und das führt auch zu einem weiteren zentralen Aspekt der Lehrerbildung im Zusammenhang mit Lehrmitteln: Wir müssen unsere Studierenden dazu bringen, dass sie Lehrmittel möglichst sachgerecht beurteilen können.
Das ist eine fachdidaktische Kompetenz.
Und zwar in einem hohen Mass. Es zeigt sich gerade am Beispiel der Lehrmittel, dass Fachdidaktik und Berufspraxis miteinander verschränkt sei müssen. Praxislehrpersonen werden nicht gute Praxislehrpersonen nur aufgrund von 20 Jahren Erfahrung. Praxislehrpersonen müssen sich mit dem jeweils aktuellen Stand der Entwicklung der Fachdidaktik auseinandersetzen. Darum denke ich, dass der Umgang mit Lehrmitteln in der Lehrerbildung ein zentraler Ort ist, wo sich Berufspraxis und Fachdidaktik verschränken.
Und diese Verschränkung wird an der PH Luzern gelebt?
Das hoffe ich. PH-Mentoren kennen die Berufspraxis und Praxismentoren verfügen über fachdidaktische Kompetenzen. Diese Koppelung leuchtet vielleicht nicht allen immer gleich auf Anhieb ein, sie ist aber von grosser Bedeutung für eine wirksame Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
Aufgabe des Leistungsbereichs (LB) Dienstleistungen (DL) ist es, zur Weiterentwicklung und Optimierung der pädagogischen Arbeit im Bildungswesen der Zentralschweiz beizutragen. Durch Beratung, Information und Dokumentation bietet der LB DL eine systematische und relevante Unterstützung für das Bildungssystem als Ganzes, für einzelne Schulen, für die im Bildungswesen tätigen Personen, aber auch für ausserschulische Bildungs-, Erziehungs- und Lernsituationen bieten. Alle Dienstleistungen unterstützen den Wissenstransfer in die (Schul-)Praxis. Wir stärken gemeinsam mit den anderen Leistungsbereichen der Pädagogischen Hochschule Luzern den Theorie-Praxis-Bezug und initiieren und unterstützen Innovationen im Schulfeld.
Die Konzipierung analoger und digitaler Lehrmittel, deren Einsatz in der Schule und Fragen nach neuen Lizensierungsmodellen für digitale Lehrmittel in Schule und Hochschule waren einige der Themen, die den Leistungsbereich Dienstleistungen 2019 beschäftigt haben. Die Fachberaterinnen und Fachberater unterstützten in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektorenkonferenz Zentralschweiz (BKZ) die digitale Inhaltsentwicklung für den Bildungsserver zebis (www.zebis.ch). Das Pädagogische Medienzentrum (PMZ) setzte sich auf nationaler Ebene für eine für Schulen und Hochschulen praktikable und finanzierbare Lösung betreffend Lizensierung von digitalen Lehrmitteln ein und koordinierte Überlegungen zu möglichen Ausleihmodellen für Schulen.
Gesellschaft und Politik fordern, dass Lehrmittel digitaler werden. Tatsächlich werden immer mehr Lehrmittel teilweise oder vollständig digital angeboten. Zusatzmaterialien und Kommentare sind für die Lehrpersonen immer öfter nur noch online zugänglich. Diese Entwicklung ist gut und zeitgemäss, für PH-Bibliotheken und didaktische Zentren aber nicht trivial, da es aus rechtlichen und finanziellen Gründen äusserst schwierig ist, den Lehrpersonen, Schulen, Schulleitungen und Studierenden den Zugriff auf die Lehrmittel tatsächlich zu ermöglichen.
Die Gründe sind vielfältig: Die Geschäftsmodelle der Verlage sind uneinheitlich, die Lizenzmodelle finanziell nicht tragbar, die Koordination unter den Verlagen fehlt ebenso wie eine einheitliche Distributionsplattform. Eine ganz schwierige, verworrene und unübersichtliche Situation für Schulen und Hochschulen und ein Stück weit auch absurd, da viele Lehrmittelverlage mit dem Kanton den gleichen Träger wie die Volksschulen haben und die Autorinnen und Autoren ihrerseits wiederum häufig auch als Dozierende an kantonalen Hochschulen angestellt sind. So kann es vorkommen, dass der Autor eines Lehrmittels sein Werk aus rechtlichen und finanziellen Gründen in seinem eigenen Unterricht an der Hochschule nicht einsetzen kann.
In der Deutschschweiz haben sich deshalb die PH-Bibliotheken zusammengeschlossen, um sich gemeinsam dieser komplexen Herausforderung zu stellen und um Lösungen für Geschäfts- und Nutzungsmodelle zu finden, die es sämtlichen Akteuren ermöglichen, orts- und zeitunabhängig einfach, bezahlbar und transparent auf elektronische Lehr- und Lernmaterialien zuzugreifen.
Die Übersicht über alle Tätigkeiten des Leistungsbereichs Dienstleistungen 2019 finden sich im Bereichstätigkeitsbericht 2019.
Andrea Belliger, Prorektorin Dienstleistungen
Wie beurteilen Sie generell die Lehrmittelproduktion an der PH Luzern?
Wir verfügen über eine wesentliche Voraussetzung von Qualität: Praktisch alle Autorinnen und Autoren haben das doppelte Kompetenzprofil.
Das heisst?
Sie sind für die Zielstufe ausgebildet worden und haben auf der Zielstufe gearbeitet. Bei uns sind keine praxisfernen Theoretiker in die Lehrmittelproduktion involviert, sondern ausgebildete Lehrpersonen. Darum ist gewährleistet, was mir ganz wichtig ist bei diesem Themenbereich: Das Lehrmittel ist auch Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Wissenschaft wird durch das Lehrmittel praktisch gemacht und die Praxis richtet sich nach der wissenschaftlichen Erkenntnis und dem Ethos der Forschung.
«Das Lehrmittel ist auch Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis»
Peter von Matt, der bedeutende Germanist, vertritt die Meinung, der Mensch sei im Grunde genommen ein zutiefst Geschichten-bedürftiges Wesen. Das kann wohl niemand widerlegen, dennoch erzählen relativ wenige Lehrmittel Geschichten...
Auch darum ist meine Meinung, dass Lehrmittel soweit wie möglich einer «narrativen Pädagogik» entsprechen sollten. Dieses Bedürfnis nach Geschichten zeigt sich ja schon bei den kleinen Kindern. Sie wollen Geschichten erzählt bekommen – auch wenn es immer die gleichen sind. Ich finde, dass auch in Lehrmitteln generell noch mehr Raum sein sollte für Geschichten. Nehmen wir den Wert der Zivilcourage! Was das bedeutet, lässt sich an nichts so gut demonstrieren wie an individuellen Lebensgeschichten. Natürlich geht das nicht in allen Fächern und auf allen Stufen gleich gut, aber häufig gilt für mich, dass ein gutes Lehrmittel nicht bloss den Durst nach Wissen und Erkenntnis stillt, sondern auch den Hunger nach Geschichten.
Und damit eine gewisse Nachhaltigkeit erreicht!
Ja, weil Geschichten nicht primär Wissen vermitteln, sondern zum Denken anregen. Darf ich in diesem Zusammenhang noch ein weiteres Zitat anführen? Oder vielmehr ein Bild?
Selbstverständlich, bitte.
Ich bin in der Vorbereitung auf dieses Gespräch wieder einmal auf Hilbert Meyer gestossen, diesen unkonventionellen Bildungsfachmann. Er sagte einmal: «Lehrmittel sind tiefgefrorene Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen, die von Lehrpersonen wieder aufgetaut werden». Dieses Bild gefällt mir, denn es sagt, dass Lehrmittel eigentlich etwas «Totes» sind, das aber durch das Handeln von Lehrpersonen Lebendigkeit gewinnt.
Interview: Marco von Ah