26. Juli 2023

«Zweierlei Freiheiten» – eine «historische Revue»

Die Vergangenheit verstehen mit Blick auf Gegenwart und Zukunft – das ermöglichen Kurt Messmer und Peter Gautschi mit einem neuen Buch. «Zweierlei Freiheiten» hat einen aussergewöhnlichen Untertitel. Und der hält, was er verspricht. Die beiden Luzerner laden zu einer «historischen Revue».

Freiheit gehört zu den wichtigsten, wirkmächtigsten Kräften der Neuzeit. Gleichzeitig ist der Begriff enorm komplex und schwer zu definieren. Es gibt unzählige Theorien über Freiheit. Kaum eine politische, wirtschaftliche, kulturelle, philosophische Strömung, die sich nicht mit Freiheit beschäftigt – sei es die Freiheit zu etwas, zum Beispiel zum Wählen oder zur freien Meinungsäusserung, sei es die Freiheit von etwas, zum Beispiel von politischen oder religiösen Beschränkungen. Zu unterscheiden sind, unter anderen, individuelle und kollektive Freiheit, innere und äussere, persönliche, souveräne oder bürgerliche Freiheit.

Im Buch «Zweierlei Freiheiten» geht es vorerst um die Freiheit als Ideal der Französischen Revolution. In der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 wird das Gottesgnadentum abgeschafft, dazu wird die Souveränität im Staat dem freien Volk übertragen. Sodann geht es um die Freiheit der Menschen im damaligen Gebiet der Schweiz, ganz besonders in Nidwalden. Wie soll die Gesellschaft geordnet und wie welche Religion ausgeübt werden? Während der Zeit der Helvetik 1798–1803 treffen auf dem Gebiet der heutigen Schweiz und besonders in Nidwalden ganz unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit aufeinander. Das führt zu Konflikten, zu Gewalt und Krieg. All das steht am Anfang der modernen Schweiz, und deshalb ist es so wichtig, sich mit dieser Epoche intensiv auseinanderzusetzen.

Besondere Inszenierungsmittel

Die im Frühsommer 2023 veröffentlichte «Historische Revue» entstand im Anschluss an das Projekt «Franzoseneinfall in Nidwalden 1798. Geschichte am Schauplatz. Erinnerungswege am Bürgenberg», initiiert vom Feldschiessverein Obbürgen und vom Gemeinderat Stansstad, realisiert 2020 in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Luzern. Die vorliegende «Historische Revue» versteht sich als Angebot, die «Franzosenzeit», wie der Begriff «Revue» besagt, «von neuem zu betrachten».

«Zweierlei Freiheiten» ist ein Geschichtsbuch zur historischen Bildung. Dabei wird die Zeit des Franzoseneinfalls in Nidwalden 1798 mit unterschiedlichen Zielsetzungen thematisiert: Zum einen soll den Leserinnen und Lesern eine neue Perspektive auf diese Geschehnisse ermöglicht werden. Zum andern möchte das Buch einen kompetenten Umgang mit Geschichte, einen verantwortungsvollen Umgang mit Gesellschaft und einen reflektierten Umgang mit sich selbst fördern.

Ausgewählte Inszenierungsmittel sollen das Erreichen dieser Ziele erleichtern:

  •  «Zweierlei Freiheiten» ist reich an Veranschaulichungen. Weil die Vergangenheit unwiederbringlich vergangen ist, unterstützen wir das Verständnis von Geschichte wo immer möglich mit Bildern, Grafiken und anderen Visualisierungen. Dies erleichtert den Einstieg ins Universum des Historischen.
  • In der vorliegenden Publikation kommen viele Menschen vor. Was Menschen interessiert, sind wiederum Menschen, ihre Erfahrungen und Erlebnisse, ihre Gedanken und Gefühle, ihre Geschichten. Am Beispiel von Personen kann man besser verstehen, was früher war.
  • Trotz Veranschaulichungen und Geschichten von Menschen bleibt die Vergangenheit oft fremd. Um diese Fremdheit deutlich zu machen, um Unterschiede aufzuzeigen, aber auch Gemeinsamkeiten, nutzen die beiden Autoren als ergiebige Methode häufig den Vergleich, die Gegenüberstellung.
  • Geschichte fasziniert durch konkrete farbige Einblicke in die Vergangenheit. Historische «Standbilder» werden aber oft erst verständlich und zum Erkenntnisgewinn, wenn es gelingt, exemplarische Ereignisse, Abläufe, Strukturen in historischen Zusammenhängen einzuordnen.
  • Historische Zusammenhänge sind kompliziert und vielschichtig. Um die Vermittlung zu begünstigen, werden Sachverhalte bisweilen vereinfacht dargestellt, doch stets nur so weit, wie es die wissenschaftliche Redlichkeit erlaubt.

Fiktive Zitate, aber...

«Zur Vereinfachung, Veranschaulichung und Personifizierung nutzen wir auch fiktive Lebensbilder und Aussagen», nimmt Kurt Messmer diesen letzten Punkt auf und erläutert: «Solche fiktiven Zitate, die immer als solche gekennzeichnet sind, dienen als Einstiege in den historischen Kosmos jener Zeit, in der einerseits die Franzosen die Menschenrechte mit Gewalt und Krieg verbreiten, überall in Europa, auch in der Schweiz, und in der andererseits die Nidwaldner bis im April 1798 eine ständische Ordnung verteidigen, die ihren Hintersässen in Nidwalden und ihren Untertanen in den eidgenössischen Landvogteien die Teilhabe an der höchsten politischen Gewalt verweigert. Der Buchtitel bringt diese Doppeldeutigkeit zum Ausdruck.»

Was in der Vergangenheit geschah, ist das eine; wie das Geschehene erinnert wird, das andere. Das gilt «Von der Vergangenheit zu erzählen, macht nur Sinn, wenn uns die Berichte dazu anregen, über das Vergangene nachzudenken. Historische Bildung ist mehr als das Aneignen von Wissen. Die Reflexion gehört unverzichtbar dazu», sagt Peter Gautschi und exemplifiziert sogleich: «Zu diesem Zweck müssen wir auf der Grundlage konkreter Tatsachen stets auch Fragen nachgehen, die sich generell stellen. Im Zusammenhang mit 1798 heisst das etwa: Lohnt sich Widerstand? Oder: Wie werden Verlierer zu Siegern? Dabei kommen wir rasch zum Schluss, dass diese Fragen weit über ein bestimmtes Ereignis an einem bestimmten Datum und Ort hinausweisen. Sie heben sich vom Alltäglichen und Flüchtigen ab. Sie sind existenziell.»


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