Theater machen

 Vom Erstgespräch bis zum Schlussapplaus – das Team des ZTP berät und unterstützt Lehrpersonen, Studierende und Dozierende in der Planung und während der praktischen Umsetzung ihrer Theater- oder Unterrichtsideen. Rund 850 Theaterpädagogik-Interessierte haben 2022 von unserem Know-how profitieren können. 

Beratung und Begleitung 

In Beratungs- und Begleitsituationen zeigte sich im vergangenen Jahr eine neue interessante Tendenz. Oder ein Dilemma? Nennen wir es ein Spannungsfeld. Ein Spannungsfeld zwischen der nicht infrage gestellten Überzeugung, dass künstlerische Gemeinschaftsprojekte grundsätzlich als wirkungsvoll angesehen werden, und einer auffallenden Zunahme von unterschiedlichsten Herausforderungen im Schulalltag. Eine davon (oder möglicherweise die subsumierte Ausdrucksform davon): die gesellschaftlich geprägte Tendenz zur Unverbindlichkeit. 

Darauf reagierend lancierte das Team des ZTP einen teaminternen Workshop, um relevante Handlungsfelder zu eruieren und mit der Broschüre «Verbindlichkeit verbindet» ein Werkzeug zu schaffen, das Lehrpersonen mit konkreten Vorschlägen unterstützt.

Im Fokus stehen folgende Fragefelder: Wie zeigt sich Verbindlichkeit im Unterricht / in Projekten? Inwiefern beeinflusst eine verbindliche Gestaltung des Prozesses die Haltung zum Lerninhalt / theatralen Inhalt? Beeinflusst die Wertehaltung gegenüber den Mitspielenden das Zusammenspiel? Hat Verbindlichkeit etwas mit Verantwortung / mit Verhalten zu tun? Welche Gestaltungsmittel, welche Vereinbarungen, welche Festlegungen und Abmachungen helfen, eine Verbindlichkeit zu erlangen, die dem Unterricht / einem Gemeinschaftswerk eine neue Ausstrahlung und Ausdruckskraft gibt? Inwiefern stehen Verbindlichkeit und Ausdruckskraft in Beziehung? Und inwiefern beeinflusst eine besprochene, verhandelte, erlebte Verbindlichkeit die Sicherheit, das Ich-Gefühl, das Wir-Gefühl, die Dazugehörigkeit? Und bereits nach dieser kurzen Fragerunde wird klar: Verbindlichkeit und überfachliche Kompetenzen bedingen sich gegenseitig.

Schultheatertage

Den Anfang theatraler Experimente und szenischer Arbeiten nahm das Projekt im Oktober 2021. Am «Prolog» wurden im Rahmen der Einstiegsveranstaltung unterschiedliche Zugänge zu künstlerischen Forschungs- und Gestaltungsräumen eröffnet. Davon ausgehend bekamen 330 spielbegeisterte Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, theatrale Prozesse mit künstlerisch-ästhetischen Ausdrucksformen zu erleben. Die angemeldeten Schulklassen stammten aus den Kantonen Luzern (14 Projekte), Obwalden (1 Projekt) und Schwyz (1 Projekt). Entstanden sind 16 ganz unterschiedliche Theaterstücke, szenische Collagen, Musicals, kunstspartenübergreifende Performances und szenische Experimente, die im Juni 2022 sowohl im eigenen Schulhaus als auch an den Schultheatertagen einem öffentlichen Publikum präsentiert wurden. Fazit? Unverbindliche Aspekte machen auch vor der Bühne nicht halt. Die Sichtbarkeit von Unverbindlichkeit brachte uns zur Entscheidung, im kommenden Jahr Vertiefungs-Workshops anzubieten.

Kooperation 1: PerlenderZeit 

«PerlenderZeit» ist ein generationenübergreifendes Projekt des Zentrums Theaterpädagogik und gehört zu den fünf Gewinnerprojekten des Förderprogramms «piiik» der Albert Koechlin Stiftung. Im Zentrum des «Zusammenspiels» steht der Zusammenhalt der Gesellschaft.

Im Sommer 2022 lancierte das ZTP das erste der sechs Begegnungsprojekte, welche in den kommenden drei Jahren einmal pro Semester an wechselnden Schulorten in der Zentralschweiz durchgeführt werden. Nach einem äusserst gelungenen Projektprozess fand im November die erste Vorstellung der Projektreihe «PerlenderZeit» in Neuenkirch statt. Das theatrale Gemeinschaftswerk «Fundbüro der Erinnerungen» war ein grosser Erfolg! Indikatoren dafür? Glückliche Spielerinnen und Spieler, die mit neuen generationenübergreifenden Freundschaften aus dem Projekt treten, und ein begeistertes Publikum, das berührt und eigenen Erinnerungen begegnend mit innigem Applaus und vielen positiven Rückmeldungen das Stück würdigte. 17 Schülerinnen und Schüler, eine Lehrerin, sechs Seniorinnen und Senioren und ein pensionierter Blindenhund präsentierten ausgehend vom verbindenden Themenfeld «Erinnerungen» das Gemeinschaftswerk «Fundbüro der Erinnerungen». Der Präsentation ging eine dreimonatige Spiel-, Experimentier- und Recherchephase voraus. Aus den dabei entwickelten Fundstücken entstand das Theaterstück. Dabei ging es um Erinnerungen, die verschwinden, die vergessen werden, die im Fundbüro abgegeben oder aber an eben diesem Ort wieder gefunden werden. Und manch eine Erinnerung weckte in direkter Weise neue Erinnerungen. Die gewohnte Welt – sie wurde unterbrochen! Fazit? Zeit und ehrliche Beispielsituationen und Möglichkeiten des «Sich-Verbindens» schaffen über die Verbindlichkeit hinaus «Ver-Bindungen», die als Freundschaften neue Erfahrungen ermöglichen.

Kooperation 2: «schukulu spezial» 

Die Projektangebote in Kooperation mit schukulu waren in diesem Jahr sehr gefragt. Sowohl die Resonanzangebote als auch die Klima-Verwandlungs-Wochen waren ausgebucht.

Besonders überraschte in diesem Jahr das grosse Interesse am Angebot «Theater mit Resonanz»: Gleich vier Klassen führten im Anschluss an einen vom ZTP organisierten Theaterbesuch (vgl. Theaterperlen / Theaterlenz / Theater im Schulhaus) eine Projektwoche durch, in welcher die Inhalte der jeweiligen Theaterstücke unter der Leitung einer Theaterpädagogin des ZTP nachhaltig erfahrbar gemacht und zu einem Gemeinschaftswerk zusammengeführt wurden. Zudem nutzten vier Klassen das vierstündige Angebot und zwei Klassen setzten sich während zwei Stunden mit dem besuchten Stück auseinander.

Das Angebot «Theater und Performance im Schulalltag» wurde ausgehend von Themen rund um den Klimawandel wiederum von vier Klassenlehrpersonen und ihren Schulklassen gebucht. Zentraler Ausgangspunkt der theaterästhetischen Prozesse waren individuelle Zugänge zur Thematik Klimawandel und Nachhaltigkeit. Mittels der Methode des biografischen Theaters ermöglichte dieses Projekt eine echte Verbindung zu den einzelnen Mitspielenden.

Und schliesslich konnte auch das in Zusammenarbeit mit dem Sinfonieorchester Luzern lancierte Projekt «Musik und Theater – die Zukunft der Erde» einmal durchgeführt werden. Während einer Woche erlebten die Schülerinnen und Schüler zusammen mit einer Musik- und Theaterpädagogin interdisziplinäre Gestaltungsprozesse und setzten sich mit Fragen rund um Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima auseinander.

Fazit? Biografisches Theater verbindet mit der gewohnten Welt und fordert die Stimmen der Spielenden zum Dialog auf. Und Dialoge verbinden.

Kooperation 3: Projektleitungen für Schulen 

Theater im Unterricht

Das im Schuljahr 2021/22 lancierte Kooperationsprojekt mit der Schule Sempach gehört seitdem als fixer Bestandteil in die Schulplanung. Es basiert auf der Überzeugung, den Schulkindern kreative Prozesse zu ermöglichen und den Lehrpersonen prozessorientierte und partizipative Möglichkeiten und Methoden für den eigenen Unterricht zu eröffnen. Das Trainieren überfachlicher Kompetenzen spielt dabei eine zentrale Rolle. Neben sequenzierten Theatereinheiten vertiefen sich die Viertklässlerinnen und Viertklässler jährlich auch in ein eigenes Gemeinschaftswerk.

Projektunterricht an der Schule Neuenkirch

Im Rahmen des Projektunterrichts setzten sich im Januar 2022 19 Jugendliche mit Schauspiel, Bühnenbild, Kostümgestaltung und Bühnentechnik auseinander. Zusammen entwickelten sie ein Theaterstück. Im Zentrum stand die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld «Blackout» (was schon kurz nach den Aufführungen zu einem aktuellen Gesellschaftsthema wurde). Das Gemeinschaftswerk wurde im Juni 2022 in Neuenkirch präsentiert und entlockte dem Publikum einen grossen Applaus.

Fazit? Kompetent geleitete Projekte in verbindlichen Zeiträumen begünstigen Erfahrungen, die Vielfalt als etwas Verbindend-Gemeinsames erleben zu können.

Kooperation 4: Ausbildungsmodule PH Luzern 

Im Rahmen der Ausbildungsmodule der PH Luzern ist das Zentrum Theaterpädagogik in unterschiedlichen Kooperationen tätig. Seit nunmehr 20 Jahren wird das Spezialisierungsstudium Theaterpädagogik vom ZTP geleitet. In allen Modulen werden die rund 70 Studierenden an die alltagspraktischen Erfahrungen theatraler Projekte aus der Volksschule herangeführt, sammeln konkrete Erfahrungen und können durch die Expertise des ZTP ihre Kompetenzen in idealer Weise mit Fachwissen verdichten. Die Synergien zum Zentrum Theaterpädagogik können hierfür optimal genutzt werden.

Auch im Bereich der Heilpädagogik kann das ZTP in Modulangeboten im Wahlmodul Masterstudiengang Schulische Heilpädagogik sowie im Wahlmodul fachdidaktische Impulse die unterschiedlichen Zugänge und Möglichkeiten von Theaterpädagogik vermitteln. Im Zentrum dieser Angebote stehen gemeinsame Forschungs- und Spielräume. Das konkrete Erproben der ästhetischen Expedition, gespickt mit theaterpädagogischen Spielen zu Wahrnehmung, Fantasie und Improvisation, ermöglichte das Erfahren von künstlerischen Zugängen, die in der Berufspraxis angewandt werden können.

Der Theaterclub ist ein weiteres Projekt, das vom ZTP koordiniert und organisiert wird. Mit «Aazelle, Bölle schelle ...» gingen im Frühling 2022 die 17 Studierenden des Spezialisierungsstudiums Theaterpädagogik zusammen mit dem Regisseur und einem Musiker von fünf Bilderbüchern aus. Aus diesen fünf verschiedenen Geschichten und einem Abzählreim entstand ein Theaterabend für Erwachsene. Die Umsetzung der Studierenden überraschte mit Objekt- und Schattentheater, Masken- und Erzähltheater wiederum mit viel Musik und erfrischendem Gesang. Einen festen Bestandteil im Jahresprogramm bilden auch unsere Workshop-Angebote am Kulturtag – eine Kooperationsveranstaltung der PH Luzern mit schukulu.

Fachentwicklung Kooperationsprojekt Deutschdidaktik und Theaterpädagogik 

An diesem über zwei Jahre laufenden Fachentwicklungsprojekt beteiligt sind die Fachschaft Deutsch und das ZTP. Die Kooperation der beiden Fachbereiche Deutsch und Theaterpädagogik wird im Rahmen des fächerübergreifenden Projekts intensiviert. Einerseits integriert die FD Deutsch (Studiengang KR und PR) theaterpädagogische Inhalte, Verfahrensweisen und Haltungen und gibt diese innerhalb des Teams weiter. Anderseits macht die Theaterpädagogik Erfahrungen in Bezug auf die fachdidaktische und überfachliche Kompetenzverortung im Bereich Mündlichkeit bzw. in Lehrplan und Lehrmitteln des Fachs und gibt diese dem ZTP-Team weiter. Sowohl vorhandene Überschneidungen bei Themen als auch Unterschiede in der Herangehensweise in Bezug auf fachliche und überfachliche Kompetenzen werden erprobt und diskutiert. Durch diese Zusammenarbeit zwischen der Fachschaft Deutsch und dem ZTP eröffnen sich neue Chancen für die Bearbeitung dieser überfachlichen Themen, was zu einer Weiterentwicklung der beiden Fachbereiche führt.

Fazit? Die Verbindung von fachdidaktischen und überfachlichen Kompetenzen durch künstlerische Verfahrensweisen verdichtet die Erfahrungsfelder und begünstigt einen erweiterten Dialog über ästhetische Bildung.


Kontakt

Leiterin Zentrum Theaterpädagogik
Ursula Ulrich
MA ZFH
Sentimatt 1
6003 Luzern
ursula.ulrich@phlu.ch
Portrait
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